Rezension
von Sabine Ibing
Salz. Fett. Säure. Hitze.
Die vier Elemente des guten Kochens
von Samin Nosrat
Mit Salz. Fett. Säure. Hitze. schafft es Samin Nosrat, uns sehr viel breiter und tief gehender in die Kunst des Kochens einzuführen, als Kochbücher es normalerweise tun. Das liegt daran, dass ihr Buch weitaus mehr bietet als Rezepte – ein zwar nützliches, aber doch stark eingeschränktes literarisches Genre. Ein gut geschriebenes und gründlich getestetes Rezept erklärt Ihnen vielleicht, wie das betreffende Gericht herzustellen ist, aber es bringt Ihnen nichts darüber bei, wie man kocht, jedenfalls nicht richtig. Ehrlich gesagt behandeln Rezepte uns wie Kinder. »Tu einfach ganz genau, was ich sage«, befehlen sie, »aber stell keine Fragen und zerbrich dir deinen Kopf nicht dar- über, warum.« Sie verlangen, ihnen getreulich zu folgen, tun aber nichts dazu, um sich das zu verdienen oder es zu rechtfertigen.
Mit diesem Absatz ist im Prinzip erklärt, worum es geht. Das ist kein Kochbuch im üblichen Sinn. Hier geht es um das Kochen an sich, nicht so sehr um Rezepte. Natürlich finden sich auch ein paar Rezepte, aber das ist nebensächlich zu betrachten. Die Autorin sagt, Rezepte kann man überall finden. Letztendlich geht es aber nicht darum, die Zutaten zu kennen, sondern das Wissen zu besitzen, was die wichtigsten Zutaten bewirken, um sie richtig anzuwenden.
Im ersten Kapitel erfahren wir etwas über Salz. Verschiedene Salze, der Aufbau von Salz und deren Anwendung. Was bewirkt das Salzen im Vorfeld, wie lange vorher soll man salzen? Geflügel – Fisch – ein großer Unterschied, Salz und Zucker, gesalzene Zutaten, das Kapitel umfasst eine Menge Information.
Fett ist, einfach gesagt, ein Geschmacksträger. Während bestimmte Fette ihren eigenen, speziellen Geschmack haben, kann jedes Fett Aromen an unseren Gaumen übermitteln – und Geschmacksnoten verstärken –, die andernfalls unbemerkt blieben.
Weiter geht es zum Thema Fett: Fett als Geschmacksträger. Die Autorin erklärt die verschiedenartigen Fette und ihre Anwendung, auch die unterschiedlichen Fette im Fleisch, die den geschmacklichen Unterschied zwischen Ente und Schwein ausmachen. Fette erhitzen, Pfannenbeschaffenheit, Rauchpunkt, Fett als Emulsion, wie z.B. Mayonnaise; Rühren, Fett im Teig, auch hier lernt man eine Menge über die Wirkung von Fett.
Essig? Hatte man je davon gehört, dass Essig in eine Suppe kommt? War Russ verrückt geworden? Hatte ich ihn richtig verstanden? Ich wollte nicht den ganzen Topf ruinieren, also nahm ich einen Löffel meiner wundervollen Suppe und gab einen einzigen Tropfen Essig hinein. Beim Probieren war ich platt. Ich hatte erwartet, dass der Essig die Suppe in etwas abscheulich Süßsaures verwandeln würde. Stattdessen wirkte er wie ein Prisma und enthüllte das Geschmacksspektrum der Suppe – ich konnte Butter und Öl schmecken, Zwiebeln und Brühe, sogar den Zucker und das Mineralische der Karotten. Wenn man mich mit verbundenen Augen hätte raten lassen, wäre ich nie im Leben darauf gekommen, dass Essig eine der Zutaten war.
Im nächsten Kapitel wird das Thema Säuen behandelt. Wie funktioniert Säure; Säure und Tinktur, die richtige Anwendung von Säuren, Würzsoßen und Umami, Süße mit Säure ausbalancieren, ein sehr interessantes Kapitel um das Wissen von Säuren.
Nun kommen wir zum Thema Hitze. Was ist Hitze? Dampf, eine wichtige Form des Garens, Hitze in Verbindung mit Fett oder Kohlenhydraten, Bräunung und Geschmack, die Wirkung von Temperatur auf den Geschmack, Rauch, Garmethoden und -techniken; sanft oder stark erhitzen, eine Menge Information über das Garen, Erhitzen, Dampfen, Grillen, Braten, Schmoren, Backen usw..
Confit ist die französische Bezeichnung für Essen, das langsam in Fett gegart wird – bei so niedrigen Temperaturen, dass keine Bräunung stattfindet. Es ist eine der wenigen Gelegenheiten, bei denen Fett als Garmedium verwendet wird, ohne dass Anbräunen das Ziel wäre.
Und nun geht es darum, den Ton für ein Gericht zu finden, die Aromen herauszukitzeln, ausbalancieren, schichten und verzichten, herauszufinden, was ich von meinem Gericht erwarte. Weiter geht es zum richtigen Küchenwerkzeug und den Rezepten. Das Thema Salat beginnt den Grundzügen des Schneidens für die Grundzutaten wie Zwiebeln und Kräuter. Verschiedene bekannte Grundrezepte wie Caesar Salat, griechischer Salat oder Avocadosalat werden vorgestellt. Selbstverständlich nicht in herkömmlicher Weise an Hand von Zutaten, sondern die Autorin erklärt genau die Herstellung in Berücksichtigung der vorigen Kapitel. Wir lernen z.B. die Avocadomatrix kennen, die Herstellung von Croûtons und Dressings. Es folgt das Kapitel Gemüse: sechs Arten, Gemüse zu garen. Bohnen, Getreide und Pasta, ein neues Thema. Weiter geht es mit Meeresfrüchten, Eiern und Fisch, 13 Arten, ein Huhn zu betrachten, Fleisch, Soßen und klassische Teige. Am Ende folgen die Rezepte zu Süßspeisen und die Verwendung von Obst.
Zu den Rezepten gibt es kleine Geschichten zur Herkunft und Tipps, wie auch Varianten. Alles in allem ist dies ein anderes Kochbuch. Rezepte finden wir überall. Hier geht es um die Grundlagen der Nahrungszubereitung. Für meinen Geschmack hat Samin Nosrat ein sehr wertvolles Buch geschrieben, für alle die Leute, denen das Kochen Spaß macht und die schon immer einmal die Geheimnisse des Zusammenspiels von Zutaten und Zubereitungsarten kennenlernen wollten. Kochen ist nicht gleichzusetzen mit aufwärmen und garen, es ist die Kunst des Zusammenspiels von Zutaten und Art des Garens, um die Aromen zu voller Entfaltung zu bringen. Endlich mal Küchenwissen, mit dem man etwas anfangen kann, um es auf gängige Rezepte anzuwenden.
Samin Nosrat lernte im berühmten Restaurant »Chez Panisse« von Alice Waters kochen, studierte Schreiben bei Michael Pollan an der Universität Berkeley und ist Food-Kolumnistin beim New York Times Magazine. Als Schreiberin ist sie so geschätzt wie als Köchin und Kochlehrerin. Sie lebt, kocht und schreibt in Berkeley, Kalifornien. SALZ. FETT. SÄURE, HITZE ist ihr erstes Buch.
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