Leseeindruck
New York 2140
von Kim Stanley Robinson
Während wir uns der Einsturzstelle näherten, kam zum gewöhnlichen Ammoniak-Gestank der seichten Gewässer ein weiterer Geruch hinzu: nach Teeröl, vielleicht mit einem Hauch Asbest, nach gesplittertem Holz, gebrochenen Ziegeln, zerbröseltem Beton, verdrehtem rostigen Stahl und der abgestandenen Luft schimmliger Räume, die wie faule Eier aufgeschlagen worden waren.
Küstenstädte existieren nicht mehr
New York, 2140, der Meeresspiegel auf der Welt ist auf Grund der Erderwärmung um 15 Meter gestiegen; zwei große Flutwellen haben alle Küstenregionen zerstört. Küstenstädte existieren nicht mehr, viele Zonen auf der Welt sind auf Grund von Erosion nicht mehr bewohnbar, attraktiv ist heute Sibirien. New York hat nun den Venedig-Status. Kriege, Seuchen, Artensterben, Verschiebung der Vegetationsperioden, Migrationsströme, die Welt ist in ein Chaos versunken. Der Mensch ist erfinderisch, es gibt schwebende Städte von riesigen Ballons getragen, andere schwimmen auf dem Meer, ein Szenario, das mich neugierig machte.
Und trotzdem wusste erstmal niemand, wem was gehörte oder auf welcher Seite eine bestimmte Immobilie zu Buche schlug. Hatte man Schulden, wenn man ein Gebäude auf einem Strand besaß, der nicht in Besitz genommen werden konnte, oder war man reich? Wie ließ sich das sagen? Mit meinem Index. Und das war eine schöne Sache, denn wenn die Gezeitenzone überhaupt einen Wert hat und seien es nur ein oder zwei Drölfzillionen, dann will auch jemand diesen Wert besitzen.
Das Leben ist nicht ungefährlich
Die Straßen von New York kann man nur noch auf Booten befahren, das Wasser ist giftig, viele Häuser sind mit Brücken verbunden. Die Menschen leben in den oberen Stockwerken der Wolkenkratzer, in den Teilen, die noch aus dem Wasser herausragen. Das Leben ist nicht ungefährlich, manche Häuser müssen evakuiert werden, da sie unter Wasser wegbrechen, das Meer ist gefräßig. Es handelt sich um die Häuser am äußeren Rand. An dieser Stelle setzt die Immobilienspekulation ein, mit einem Index, der jeden Tag neu berechnet wird. Denn wem gehört ein Haus? Ein Gebäude, das zum Küstenbereich zählt, darf niemandem gehören, Flut oder Ebbe, jeweils eine andere Bewertung. Leerstehende Objekte werden bewohnbar gemacht, teuer vermietet durch Immobilienhaie.Der GIPI nahm also die Wohnraumpreise und den Anstieg des Meeresspiegels und fügte zu diesen beiden Grundwerten Folgendes hinzu: eine Bewertung der Fortschritte bei Gezeitenzonen-Bautechniken; eine Bewertung der Geschwindigkeit, mit der die vorhandenen Werte schwanden; einen Faktor für die ‘Veränderung zerstörerischer Wetterextreme’, der aus Datenmaterial der NOAA abgeleitet wurde; Währungswechselkurse …
»WaterPrice«, ein windiges Finanzunternehmen
Der »Met Life Tower« gehört einer Genossenschaft, die Mitglieder wohnen in ihrem Refugium, bzw. vermieten freie Plätze, die meisten Hauptakteure des Romans haben dort ihren Wohnsitz, gegessen wird in der Kantine. Die Community bekommt plötzlich ein sagenhaftes Kaufangebot für den Wolkenkratzer. Ganz oben wohnten Programmierer Jeff und Mutt, die plötzlich verschwunden sind, sogenannte »Quants« aus der Finanzwelt, Programmierer. Inspector Gen Octaviasdottir und Charlotte Armstrong, Mitglied im Verwaltungsrat der Genossenschaft, versuchen herauszufinden, warum Jeff und Mutt verschwunden sind und wohin. Hausmeister Vlade kümmert sich um die Instandhaltung des Gebäudes, auch unter Wasser. Ihm erscheint es merkwürdig, dass an manchen Stellen Wasser eindringt. Franklin arbeitet für die Firma »WaterPrice«, ein Finanzunternehmen, das klammheimlich eine Immobilienkrise auszulösen will, um abzusahnen. Auch mit von der Partie sind zwei sogenannte »Wasserratten«, Jugendliche, die einen Schatz suchen. Der Autor hat acht verschiedene Perspektiven gewählt, eine davon ist »der Bürger«, ein neutraler Erzähler, der geschichtliche Hintergründe liefert und den Leser über Technik und Finanzmärkte aufklärt.Wie du schon sagtest, haben sie in der Finanzindustrie gearbeitet. Möglicherweise sind sie das, was man dort als Quant bezeichnet, zumindest haben sie programmiert und Systeme entwickelt.
Abbruch in der Mitte
Am Anfang war ich neugierig und gespannt. Doch Spannung kam leider nicht auf. Normalerweise breche ich nach 50 Seiten ab, wenn ein Buch und ich nicht zusammenpassen. Bei 800 Seiten habe ich dem Roman mehr Chancen gegeben. In der Mitte war dann Schluss. Inspector Gen Octaviasdottir kommt keinen Schritt weiter auf der Suche nach den »Quants«, die gesamte Story bekommt keine Fahrt, ein stehendes Gewässer. Viel Gummi in den Erzählsträngen, langatmige Beschreibungen, mir fielen mehrfach die Augen zu. Jugendliche suchen nach Schätzen, ein Finanzhai, Obermacho, Frauenheld, baggert alles an, das bei drei nicht auf den Beinen ist, es konnte mich nicht packen. Buch zu.Dies ist keine Rezension, lediglich ein Leseeindruck bis zur Mitte.
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