Rezension
von Sabine Ibing
Eine kurze Geschichte des Romans
von Henry Russell
Wir wissen, wie man Geschichten erzählt, weil der Roman uns gelehrt hat, wie das geht. Wenn wir also die Geschichte des Romans erzählen, erzählen wir eine Geschichte über die Geschichte, des Geschichtenerzählens.
Henry Russell stellt hier einen Überblick über die wichtigsten Werke der Literaturgeschichte der letzten 500 Jahre auf, wobei er 67 Schlüsselromane und belletristische Hauptwerke vorstellt, die in den Kanon der internationalen Kulturgeschichte eingegangen sind. Das Buch ist eingeteilt in die Kapitel Genre, Werke, Themen und Techniken – wobei es Querverweise bei jeder Vorstellung gibt. Von «Robinson Crusoe» über «Don Quichotte» zu «Frankenstein», «Der Graf von Monte Christo», «Krieg und Frieden», «Stolz und Vorurteil», «Der große Gatsby», «Im Westen nichts Neues», «Der Leopard» und «Madame Bovary» geht es bis in unsere Gegenwart zu Umberto Ecco, Margaret Atwood, Chimamanda Ngozi Adichie, Karl Ove Knausgård, Elena Ferrante oder Stephen King. Neben Beschreibungen der Romane selbst und ihrer Bedeutung innerhalb der Literaturgeschichte beleuchtet das Buch die wichtigsten Schreibgattungen, Themen und Techniken.
Die Länge eines Romans umfasst mindestens 40.000 Wörter. ... In der Literaturgeschichte ist der Roman eine relativ neue Erscheinung.
Henry Russell stellt zunächst verschiedene Genres vor. Es beginnt mit dem historischen Roman, die wichtigsten Werke wie «Waverley» von Walter Scott, der wohl einer der Ersten der Gattung war, bis hin zu «Der Leopard» von Tomasi di Lampedusa und «Jeder stirbt für sich allein» von Hans Fallada. Neben der Beschreibung des Genre und den wichtigsten Werken wird in einem kleinen Kästchen die Entwicklung des Genre kurz zusammengefasst. Unten finden sich Verweise zu im Buch präsentierten Werken. Weiter geht es mit dem humoristischen Roman, dem Schelmenroman, dem Abenteuerroman, dem Antiroman, der Biografie, Briefroman, Bildungsroman usw. 38 wichtige Genre bis hin zu Queer und zum feministischen Roman. Anfangs wird natürlich darauf hingewiesen, dass viele Romane gleichzeitig verschiedenen Genres zuzuschreiben sind.
Im zweiten Kapitel geht es um 67 Werke. Das Älteste ist knapp 2000 Jahre alt und jedes dieser Bücher hat für seine Zeit einen Stellenwert: «einen Durchbruch oder Neuanfang, war für die Entwicklung des Romans von Bedeutung.» Es beginnt mit «Die Geschichte vom Prinzen Genji» von Murasaki Shikibu aus dem Jahr 1010 und endet mit «Meine geniale Freundin» von Elena Ferrante. Der Roman wird jeweils kurz beschrieben, ebenso der Autor oder die Autorin, illustriert mit einem Cover, einem Bild oder Foto von Autor oder Autorin oder einer Illustration aus dem Roman. Die Bedeutung des Romans wird herausgestellt und unten gibt es Verweise zu den passenden Genres.
Im folgenden Kapitel geht es um die typischen Themen eines Romans: Liebe, Ehebruch, Glaube, Familie, Erwachsenwerden, Sex, Geld, Aufstieg, Flucht usw. Auch hier wird kurz das Thema erklärt, die passenden Hauptwerke benannt, die wichtigen Entwicklungen aufgeführt, Verweise zu Genres und Werken.
Das letzte Kapitel nimmt kurz Techniken auf, wie Romananfang / -ende, Dialog, die Anspielung, Multiperspektive, Zeitreisen, tragischer Held usw. – natürlich mit Hinweisen zu passenden Werken. Bereits beim Lesen blättert man viel, schaut nach Verweisen. Dies Sachbuch bietet einen guten Rundumblick über Genres und wichtige Werke der Literaturgeschichte und ihre Erzähltechniken.
Henry Russell ist (Co-)Autor von bisher 27 veröffentlichten Büchern zu gesellschaftlichen und kulturhistorischen Themen und Tutor an der Universität Oxford.
Eine kurze Geschichte des Romans
Ein Überblick über die wichtigsten Genres, Werke, Themen und Techniken
Aus dem Englischen übersetzt von Sarah Pasquay
Sachbuch, Literaturgeschichte, Genres, Erzähltechniken, Schreibgattungen
Flexibroschur, 224 Seiten
Laurence King Verlag, 2021
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