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Donau ein magischer Fluss von Michal Hvorecky und Simona Smatana - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing



Donau ein magischer Fluss 


von Michal Hvorecky und Simona Smatana


Der Hausen ist der größte Fisch der Donau und er führt uns durch den Fluss. Ein Reiher kreist langsam über dem Strom und in der Ferne sieht man die Lichter einer Stadt, vielleicht Wien oder Bratislava? Vom Schwarzwald schlängelt sich die Donau bis ins Schwarze Meer, durchfließt mehrere Länder. Ich bin ein wenig enttäuscht von diesem Kindersachbuch, das sprachlich klingt wie ein Lexikoneintrag, der auf eine Reihe von Seiten verteilt wurde. 


«Der Donaustrom fließt durch die Landschaft und verändert dabei ihre Gestalt. Er wäscht die Ufer und das Flussbett aus und macht sich breit. Am Oberlauf fließt er durch Berge, windet sich durch Täler und Wälder. Nimmt Zuflüsse in sich auf. In Flussauen bildet die Donau Nebenarme, Feuchtwiesen und Inseln mit Lianen. An ihrem Ziel ergießt sie sich in eine sumpfige Gegend und strömt träge durch einen Dschungel.» 




Der Hausen ist der größte Fisch in der Donau. Hier geht es bereits los. Ist das der Name von diesem Fisch oder seine Gattungsbezeichnung? Gegoogelt: Der Europäische Hausen oder Beluga-Stör (Huso huso) ist die größte Fischart aus der Familie der Störe. Gleich bei der ersten Beschreibung fällt mir die altmodische Lexikonsprache für Erwachsene auf (siehe oben). Dieses Bilderbuch ist für Kinder ab 6 Jahren geschrieben! Auf der nächsten Seite werden verschiedene Tiere gezeigt, die in bzw. an der Donau leben. Die Sprache überrascht schon wieder: «kuckuck, koller-koller, quak-quak, tip-tip-tip, nak-nak-nak, ruckedieku, kra-krah, uihihii» ist zu vernehmen. Hier wird aber nicht erklärt, dass die gezeichneten, genannten Tiere nicht alle am gleichen Fleck wohnen. Die Zeichnung lässt den Gedanken aber zu. 



Die Tiere werden in Vignetten kurz beim Namen benannt, das Wildpferd wiehert, der Graureiher krächzt usw. Mehr erfahren wir nicht – es gibt auch kein Glossar am Ende. Der Mensch hat sich am Fluss angesiedelt. Eine doppelseitige «Karte» zeigt einen extrem kurvigen Flussverlauf – was verwirrt – wichtige Orte sind eingezeichnet, mit einem halben Satz erklärt. Sehr abstrakt ist die Donau wiedergegeben, zu abstrakt für die Vorstellungskraft eines Sechsjährigen. Eine «richtige Landkarte» gibt es ein paar Seiten später, der Verlauf über die Ländergrenzen – hier kann man den geografischen Verlauf nachverfolgen. Aber es sind nur die Hauptstädte eingezeichnet, nicht die azugehörigen Ländernamen. Eine Doppelseite befasst sich mit Schiffen, die auf der Donau fahren, von historischen bis zu den heutigen. Auch die Tonalität hat sich im Lauf des Buchs etwas gebessert. Diese Seite hat mir endlich gefallen. Brücken werden über den Fluss gebaut, Beispiele aus den Jahrhunderten sind nebeneinandergestellt. Mythen und Sagen umringen den Fluss. Menschen ziehen Staatsgrenzen. Überschwemmung, Kraftwerke, Staudämme und am Ende ist die Wasserverschmutzung in kurzen Worten angeschnitten.



Das Buch ist sicher gut gemeint. Leider ist es für mich grundsätzlich eine sprachliche Katastrophe. Die Sprache ist oft altbacken, emotionslos, kompliziert und nicht auf die empfohlene Altersstufe ab 6 Jahren abgestimmt. Klar, es ist ein Sachkinderbuch, aber es soll ja mehr sein – ein magischer Fluss. Von Magie spürt man hier nicht viel. Extreme Sachlichkeit, viel zu kurze Informationen, es gibt nicht mal ein Glossar am Ende, das etwas erklärt. Die Donau hat viele Landschaftsformen, warum wird das nicht präsentiert? Hier wird von einem Dschungel am Ende zum Schwarzen Meer geredet ... Das Donaudelta als einen Dschungel zu bezeichnen, empfinde ich als gewagt – aber es wäre eine Seite wert gewesen, es darzustellen. Mythen werden in einem Satz erwähnt – eine Geschichte hätte hier gut zwischengepasst. Insgesamt ist mir die Information zu unausgegoren und an allen Stellen zu kurz. Zeichnerisch ist manches verwirrend dargestellt, zu bastrakt für Kinder. Die Illustrationen sind in Naturtönen gestaltet, Terrakotta, Blau, Braun-Beige. Es sind computeranimierte Grafiken, die mir zur Hälfte gefallen haben, an anderen Stellen hätte ich mehr Feinzeichnung erwartet. Ob am Ende ein Kind die Komplexität dieses Flusses verstanden hat, bezweifle ich. Hier muss sich ein Erwachsener beisetzen und ziemlich viel erklären (z.B. was ein eiserner Vorhang ist), das ein oder andere googeln, um mehr Information zu erhalten. Der Achse Verlag gibt eine Altersempfehlung ‎ ab 6 Jahren. Das passt für mich für die Illustration, sprachlich nicht.


Michal Hvorecky wurde 1976 in Bratislava geboren. An der Universität von Nitra studierte er Kunstgeschichte und ästhetische Theorie. Im Jahre 2004 wurde er als «Writer in Residence» an die University of Iowa in den USA eingeladen. Zudem wurde er mehrfach mit Literaturpreisen ausgezeichnet. 2009 erhielt er in Berlin den Internationalen Journalistenpreis und im Jahre 2010 den Tatra Banka Kunstpreis. Er lebt als freier Autor in Bratislava und hat bisher drei Erzählbände und drei Romane veröffentlicht. Hvorecky engagiert sich außerdem in seiner Heimat sehr für die Pressefreiheit und gegen anti-demokratische Entwicklungen. Die Werke des Autors wurden schon in 11 Sprachen übersetzt.

Simona Smatana, geboren 1988, ist eine slowakische Illustratorin, Autorin und Imkerin. Nach Abschluss ihres Studiums in England und Schottland kehrte sie in ihre Heimatstadt Trnava zurück, wo sie mit ihrem Mann und ihrem Hund Emil lebt. Ihre Bücher wurden bisher in zehn Ländern veröffentlicht. Sie liebt dicke Gemüsesuppen, alte tschechische Filme und warme Herbsttage. Wenn sie nicht gerade zeichnet, kann man sie bei ihren Bienen antreffen. Sie wandert gerne, mag das Erkunden fremder Städte und findet Schönheit in gewöhnlichen Dingen.


Michal Hvorecky, Simona Smatana
Donau ein magischer Fluss 
Kinderbuch, Sachkinderbuch, Sachbilderbuch, Donau, Flüsse; Kinder- und Jugendliteratur, Slowakische Literatur
Hardcover, 32 Seiten, Format 24 x 31 cm
Achse Verlag, 2022
Altersempfehlung: ‎ ab 6 Jahren




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Weiter zur Rezension:   Was ist ein Fluss? von Monika Vaicenaviciene


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