Rezension
von Sabine Ibing
Das Erbe der Toten
von Ian Rankin
Der Anfang:
John Rebus war oft bei Gerichtsverhandlungen gewesen, hatte aber noch nie auf der Anklagebank gesessen.
John Rebus ist angeklagt – für ein Verbrechen, das ihn für den Rest seines Lebens hinter Gitter bringen könnte. Damit beginnt die Geschichte – aber gleich geht es zurück zum Anfang … John Rebus ist verrentet, hat sich sogar einen Hund zugelegt. Die Auflagen zu Covid19 sind fast alle aufgehoben. Der kriminelle Morris Gerald «Big Ger» Cafferty bittet John, einen Mann namens Jack Oram zu finden. Offiziell ist dieser Mann tot. Mehrere Leute haben ihn nun angeblich gesehen. Cafferty behauptet, er wolle sich bei dem Mann entschuldigen. Oram musste damals türmen, so weit ist dies Rebus klar, ansonsten hätte er ins Gras beißen müssen. Lebt er wirklich und ist er nach Schottland zurückgekehrt? Die Geschichte reizt Rebus. Und sollte er ihn wirklich finden, wird er ihn garantiert nicht an Cafferty verpfeifen, denn die Entschuldigungsgeschichte ist genauso verlogen wie «Big Ger» selbst. Was steckt wirklich dahinter?
Caffertys Assistent wartete an der Tür.
‹Andrew, richtig?›, vergewisserte sich Rebus.
‹Keine Hunde›, sagte Andrew mit Blick auf Brillo.
‹Der ist stubenrein, anders als dein Chef.›
‹Die Viecher verbreiten Krankheiten.›
‹Okay, so gesehen ist er vielleicht wie dein Chef, aber wenn ich ihn hier draußen lasse, wird er jaulen, so dass es das ganze Haus hört.›
Die Sache ist vertrackt
Detective Inspector Siobhan Clarke, die ehemalige Teamkollegin von Rebus und gute Freundin, ermittelt gegen den Polizisten Francis Haggard wegen häuslicher Gewalt. Das Aus für seinen Job … und nun kommt er als «Entschuldigung» mit psychischer Instabilität daher, PTBS, posttraumatische Belastungsstörung durch seinen Dienst – durch seinen Job in diesem speziellen Revier Tynecastle in einem heruntergekommenen Viertel in Edinbourough. Das Revier ist berüchtigt und steht schon seit länger Zeit unter Beobachtung der Compliance-Abteilung: Korruption, Gewalt, Frauenfeindlichkeit stehen hier angeblich auf der Tagesordnung. Und nun will Haggard auspacken … Den Kollegen geht die Düse. Auch John Rebus Name fällt im Zusammenhang, obwohl er nie in diesem Revier gearbeitet hat. Doch bevor Haggard auspacken kann, hat ihn jemand erstochen. Wer ist der Täter? Ein Kollege, jemand aus dem kriminellen Gewerbe oder ein privater Hintergrund? Geschickt tasten Clarke und ihr Team ermittelnd nach allen Seiten ihre Fühler aus. Rebus und Clarke kommen in ihren Fällen Meter für Meter vorwärts. Da es einige Überschneidungen gibt, tauschen sie Informationen aus.
‹Alles in Ordnung?›, fragte sie.
‹Spitzenmäßig DI Clarke. Wie sieht es bei dir aus – ist der Blutdruck höher als sonst?›
‹Wieso fragst du?›
‹Du klingst wie ein gespanntes Gummiband kurz vor dem Zerreißen.›
‹Stellst du jetzt in deiner Freizeit medizinische Ferndiagnosen?›
Die dunkle Seite Edinbouroughs
Rebus ist ein Ermittler mit Ecken und Kanten, der es mit dem Gesetz nicht immer ganz genau nimmt, denn er steht für Recht und Gerechtigkeit. Kann er seinen alten Feind Cafferty diesmal festnageln? Rebus, immer noch ein feinsinniger Detektiv, aber gesundheitlich angeschlagen, will Cafferty endlich das Handwerk legen. Der sitzt mittlerweile im Rollstuhl, zieht an seinen Strippen. Der 24 Band um Rebus könnte nun die Serie abschließen, meint man; doch in der britischen Vorschau ist ein neuer Band in Sicht. Das Ende lässt ja auch ein kleines Hintertürchen offen. Im Original heißt der Krimi «A Hard Full Of Headstones», ein Herz voller Grabsteine und genau das trifft es für mich. Schade, dass man ihn nicht übernommen hat. Ian Rankin ist ein Meister der Dialoge! Es ist herrlich amüsant wie sich Rebus mit Cafferty und anderen Kriminellen Wortgefechte gibt, ebenso die Frotzeleien zwischen den Polizisten des Reviers Tynecastle und den Ermittlern. Ein wendungsreicher Plot mit vielen Strängen, die intelligent zusammengeführt werden. Spannend mit einer guten Portion schwarzem Humor fasst der Krimi gesellschaftliche Probleme an. Schwierige Stadtteile, Drogenprobleme, Kriminalität, Revierkämpfe, Armut, Polizeikorruption, Unterbesetzung der Reviere, Gewalt und Diskriminierung von Frauen bei der Polizei, Revierkämpfe innerhalb der Polizei. Eine glaubhafte Geschichte um das tägliche Leben letztendlich. Die dunkle Seite Edinbouroughs. Empfehlung!
Ian Rankin, geboren 1960, ist Großbritanniens führender Krimiautor, seine Romane sind aus den internationalen Bestsellerlisten nicht mehr wegzudenken. Ian Rankin wurde unter anderem mit dem Gold Dagger für »Das Souvenir des Mörders«, dem Edgar Allan Poe Award für »Tore der Finsternis« und dem Deutschen Krimipreis für »Die Kinder des Todes ausgezeichnet. »So soll er sterben« und »Im Namen der Toten« erhielten jeweils als bester Spannungsroman des Jahres den renommierten British Book Award. Für seine Verdienste um die Literatur wurde Ian Rankin mit dem »Order of the British Empire« ausgezeichnet. Mit »Ein Rest von Schuld« hatte Ian Rankin seinen Ermittler John Rebus nach 17 Fällen in den Ruhestand geschickt und ließ Inspector Malcolm Fox die Bühne betreten. Doch mit »Mädchengrab« kehrte Rebus wieder zurück. Ian Rankin lebt mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen in Edinburgh.
Das Erbe der Toten
Originaltitel: A Hard Full Of Headstones
Band 24 der John-Rebus-Reihe
Aus dem Englischen von Conny Lösch
Kriminalroman, Krimi, Kriminalliteratur, Edinbourough, Schottland, Englische Literatur
Hardcover mit Schutzumschlag, 496 Seiten
Goldmann Verlag, 2023
Krimis und Thriller
Ich liebe Krimis und Thriller. Natürlich. Spannend, realistisch, gesellschaftskritisch oder literarisch, einfach gut … so stelle ich mir einen Krimi vor. Was ihr nicht oder nur geringfügig bei mir findet: einfach gestrickte Krimis und blutrünstige Augenpuler.
Krinis und Thriller
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