Rezension
von Sabine Ibing
The Future is ... 14 Comics über die Zukunft
Anthologie deutscher Comiczeichnerinnen
14 Comiczeichnerinnen erzählen, wie sie sich die Welt in 100 Jahren vorstellen, bzw. in naher Zukunft
Leben wir in der Zukunft mit Aliens zusammen? Wird KI uns die beste aller Welten erschaffen? Oder können wir der Klimakrise sowieso nicht mehr entrinnen? Fantasievoll und facettenreich spinnen die Kurzcomics aktuelle Debatten um Klima, Gender und Technologie weiter und berichten von schönen, schrecklichen und überraschenden neuen Welten. 14 stilistisch und inhaltlich sehr verschiedene Geschichten blicken eher negativ in die Zukunft. Es gibt vier Kapitel: «Technorama», «Schöne neue Welt?!», «Leben lassen» und «Ich und Du».
Leben wir in der Zukunft friedlich mit Aliens zusammen? Wird KI uns die beste aller Welten bescheren? Oder können wir der Klimakrise sowieso nicht mehr entrinnen? Mia Oberländers Comic hat mir gut gefallen. Hier springt eine ausgebeutete Servicekraft per Teleporter durch die Welt: Mal massiert sie einen Reisenden in der Deutschen Bahn, dann liefert sie einen Präsentkorb in ein Meeting und schon holt sie Wäsche in der Reinigung ab. Völlig gestresst hat sie den miesesten Job, der das Teleportieren setzt ihrem Körper zu, lässt ihn altern, ihr faltiges Gesicht spricht Bände, über dass die Leute im Meeting sich auch noch lustig machen. Schöne neue Welt; letztendlich hat sich nichts geändert. Die erste Geschichte von Bea Davies zeigt eine computergesteuerte Simulation, bei der eine junge Frau (eine KI namens E3) namens Ether die Zukunft für ihren Trainer Jon erkundet: Die Welt sieht gut aus, ein Fluss schlängelt sich durchs Grün. Aber wo sind die Menschen? Ether trifft auf ein älteres Paar, mag sein, dass es die letzten Menschen auf der Welt sind … Ether soll weitergehen, möglich Plätze zur Neubesiedlung finden – doch sie klinkt einfach den Kontakt zu Jon aus. Melanie Garanin sich die Zukunft als wundervolle Unterwasserwelt vor. Wunderschön melancholisch und klasse in der Illustration Malwine Stauss mit «Geteilte Herzen».
Utopien und Dystopien: Apokalypse, Atombombenexplosionen, Krieg, Klimakatastrophe, Artensterben, verseuchte und verdreckte Welt, der Job in der Zukunft, Aliens, KI, Cyborgs, Genmanipulation, Kreativität, Wirtschaftswachstum – hier finden wir querbeet alles. Das macht den Comic sympathisch, themenoffen. Mache Graphic Novel ist klasse, andere sind Durchschnitt, ein paar haben mir gar nicht gefallen, auch zeichnerisch, etwas zu skizzenhaft. Und ich gebe es zu, die ein oder andere habe ich nicht wirklich verstanden. Jeweils sechs Seiten für eine Story – Kurzgeschichten in Comic-Form. Auch im Zeichenstil kommen alle Comics verschieden daher, die meisten klassisch mit Sprechblase, typische Panels, bis hin zur ganzseitigen Illustration. Der Carlsen Comics Verlag gibt eine Altersempfehlung an 12 Jahren. Die Altersgruppe halte ich für überfordert mit diesen kurzen Graphic Novels. Ich empfehle ab 15/16 und natürlich Allage. Insgesamt sehr lesenswert!
Melanie Garanin studierte Zeichentrickfilm in Potsdam-Babelsberg und hbat schon viele Kinder- und Jugendbücher für verschiedene Verlage illustriert. Seit ihre ersten Graphic Novels NILS und Völlig meschugge?! erschienen sind, möchte sie am liebsten nur noch Comics machen. In diesem Comic stellt
Mit ihrer Coverillustration zieht Bea Davies schon alle Blicke auf sich. In ihrer Zukunftsvision suchen Abgesandte hoch technologisierter Zivilisationen nach der besten Zukunft. Ab 2010 erhielt Bea Davies ihre künstlerische Ausbildung an der School of Visual Arts of New York und studierte später an der Kunsthochschule Berlin-Weissensee. Heute arbeitet sie als freie Illustratorin und Comiczeichnerin.
Die Illustratorin , Cartoonistin und Comiczeichnerin Maren Amini lebt in Hamburg. Mit ihrer Graphic Novel «Ahmadjan und der Wiedehopf» hat sie 2023 den Comicbuchpreis der Berthold Leibinger Stiftung gewonnen. Sie arbeitet u. a. für Washington Post, SPIEGEL und das Fraunhofer Institut. Humor ist für sie ein hervorragendes Mittel, um komplizierte Themen nachhaltig zu verankern.
In «Ich liebe uns» setzt sich die Kunsttherapeutin und Illustrationsstudentin Whitney Bursch mit Beziehungen in der Zukunft auseinander. Ihr Comic supa lonely erschien 2021 im Eigenverlag. Kürzere Erzählungen sind in Anthologien wie Colorama Clubhouse und Strapazin zu finden.
Lilian Pithan, geboren 1986, studierte Komparatistik, Romanistik und Anglistik in Tübingen und Paris. Seit 2013 arbeitet sie als Übersetzerin mit Schwerpunkt grafische Literatur und verleiht u. a. Luz, Camille Jourdy und Hervé Tanquerelle ihre deutsche Stimme. Daneben kuratiert sie Ausstellungen für den Internationalen Comic-Salon Erlangen.
Maren Amini, Whitney Bursch, Bea Davies, Sheree Domingo, Katia Fouquet, Aisha Franz, Melanie Garanin, Peer Jongeling, Kathrin Klingner, Mia Oberländer, Elizabeth «Fungirl» Pich, Marijpol, Maki Shimizu und Malwine Strauss
Anthologie deutscher Comiczeichnerinnen
Herausgegeben von Lilian Pithan
Hardcover, 128 Seiten, 17.8 x 24.6 cm
Carlsen Comics Verlag, 2024
Altersempfehlung: ab 12 Jahren (Verlag), ab 14/15 Jahren (von mir)
Graphic Novel, Comic, Grafisches
Kinder- und Jugendliteratur
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