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Skin City von Johannes Groschupf - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing





Skin City von Johannes Groschupf 


Der erste Satz: 
Sie waren zu dritt unterwegs in einem zwanzig Jahre alten Benz mit polnischen Kennzeichen.

Der Dienst im Außenbezirk sollte Ruhe in das Leben der Kriminalpolizistin Romina Winter bringen. Doch georgische Einbrecher sind täglich in den Stadtvillen in Dahlem und Lichterfelde unterwegs, und die Bewohner sind in der Folge verängstigt. Die Polizei muss wachsamer sein! Und dann verschwindet auch noch Rominas kleine Schwester. Jacques Lippold nimmt den Berliner Geldadel ganz legal aus, denn er ist Kunstberater. Berliner Szenen aus verschiedenen Sichtweisen, die sich irgendwann kreuzen werden.  


Drei völlig unterschiedliche Milieus


Die Deutschen sahen immer biestig aus. Die Taschen voller Geld, dicke Autos, glatte Straßen und ständig schlechte Laune.

Jacques Lippold wird aus dem Tegeler Gefängnis entlassen. Zwei Jahre hat er wegen Betrugs gesessen. Jetzt will er sich als Finanzberater in der Kunstszene etablieren. Mit Charme und Redekunst kann er auf Vernissagen, Auktionen und Gallery Dinners punkten. Und Lippold hat noch eine alte Rechnung zu begleichen, denn er will seine Patek Philippe Nautilus zurückhaben, die ihm im Knast geklaut wurde. Romina kam vor 17 Jahren aus Bukarest nach Deutschland, und sie ist die erste Romni, die die Polizeiakademie Berlin abgeschlossen hat – ihre Herkunft wird ihr von den Kollegen jeden Tag auf’s Brot geschmiert. Und der Familie passt es nicht, dass sie ausgerechnet zur verhassten Polizei gehen musste. Sanda, Rominas Schwester, wird zunächst vermisst, dann schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert. Und zu allem Übel verstirbt Rominas Vater bei einem gewaltsamen Anschlag. Für sie ist das Maß nun übergelaufen. Koba aus Tiflis ist neu in der Stadt, arbeitet für seinen Onkel in der Berliner Peripherie in Einbruchsbanden. Jeden Tag steigen sie in Wohnungen ein, in Stadtvillen und nehmen mit, was sie an Wertsachen kriegen können – das Prinzip: schnell rein und wieder raus. Eigentlich träumt er von Kanada, und er spart für ein Leben auf der anderen Seite der Welt.


Atmosphärisches Berlin-Milieu-Feeling 

Drei völlig unterschiedliche Lebensläufe und völlig verschiedene Arten zu leben. Drei Menschen, die sich irgendwann über den Weg laufen werden. Hier punktet Johannes Groschupf mit der Beschreibung verschiedener Milieus und Schnittmengen. Atmosphärisch verwebt er das Berliner Großstadtmilieu mit der Geschichte. Unter die fiktiven Charaktere reihen sich ein wenig Zeitgeschichte und reale Persönlichkeiten wie Friedrich Merz, Karl Lauterbach, Claudia Roth, bekannte Künstler und ein Anwalt usw. ein, ebenso der Reichsbahnbunker, reale Lokalitäten Berlins. Alles in allem ein guter Krimi, lediglich das Ende war für mich nicht ganz passend, nicht nachvollziehbar und zerstörte letztendlich das vorher gut Aufgebaute. Geschmack. Gut aufgebaute Charaktere und atmosphärisches Berlin-Milieu-Feeling heben den Krimi ab. Literarisch ausgefeilt mit guten Dialogen macht das Lesen / Hören Spaß.


Johannes Groschupf, 1963 in Braunschweig geboren, studierte Germanistik und Publizistik in Berlin. Seit 1988 arbeitete er als freier Journalist unter anderem für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, Die Zeit, die taz und den NDR. 1994 überlebte er bei einer Dienstreise einen Hubschrauberabsturz. Für sein Radio-Feature «Der Absturz» erhielt er 1999 den Robert-Geisendörfer-Preis. Heute lebt Johannes Groschupf mit seinen beiden Kindern in Berlin.




Johannes Groschupf 
Skin City
Gesprochen von Florian Schmidtke
Ungekürztes Hörbuch, Spieldauer 6 Std. und 37 Min.
Reihe: Berlin Noir - Band 4
Krimi, Kriminalliteratur, Kriminalroman, Berlin
Suhrkamp Audio, 2025
Suhrkamp, 280 Seiten, 2025







Krimis und Thriller

Ich liebe Krimis und Thriller. Natürlich. Spannend, realistisch, gesellschaftskritisch oder literarisch, einfach gut … so stelle ich mir einen Krimi vor. Was ihr nicht oder nur geringfügig bei mir findet: einfach gestrickte Krimis und blutrünstige Augenpuler.
Krinis und Thriller


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