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Hinter den drei Kiefern von Louise Penny - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing




Hinter den drei Kiefern 

von Louise Penny


Der Staatsanwalt lächelte. Da er mit dem Rücken zu den Zuschauern und den Geschworenen stand, sah das sonst niemand. Außer vielleicht die Richterin, der nur wenig entging.
Und was Judge Corriveau sah, war kein besonders freundliches Lächeln. Eher ein höhnisches Grinsen. Es überraschte sie, weil der Staatsanwalt und der Chief Superintendent doch eigentlich auf derselben Seite standen.

Es ist der erste Mordfall für die junge, unerfahrene Richterin. Und irgendetwas läuft zwischen dem Chief Superintendent und dem Staatsanwalt. Und der Chief » fragte sich, wie viel sie tatsächlich sah. Und was ihr entging.« Immer wieder taucht der Strang des Gerichtssaals auf. Im zweiten Strang wird die Geschichte erzählt, die dem Verfahren zugrunde liegt. Ein kleines Dorf im Hochmoor, jeder kennt jeden und alle sind miteinander verbandelt. In den Wäldern Kanadas, Three Pines, nur eine Stunde von Montréal entfernt, hier ist es romantisch und wunderschön, alle Dorfbewohner verstehen sich. Hier möchte man zu Hause sein. Selbst Armand Gamache, der Polizeichef, Leiter der Sûreté de Québec hat in Three Pines ein Wochenendhaus. Im Original heißt der Titel »Glas Houses«.Wer klassische Krimis mag, der wird sich bei der kanadischen Autorin Louise Penny wohlfühlen.

Er sah sie an, als wäre er derjenige, der geknetet und auf die Arbeitsplatte geknallt worden war. Mit Schlägen traktiert.
›Also ehrlich Anton. Voriges Jahr haben wir das erste Mal was von dem Cobador gehört. Und jetzt ist er hier? Ist dir nie der Gedanke gekommen, dass er vielleicht unseretwegen hier ist?

Ein Cobrador  setzt das Dorf in Angst und Schrecken

Louise Penny lullt uns im Idian Summer von Quebec ein und wenn wir es uns als Leser gemütlich gemacht haben im Halloween, taucht der schwarze Mann auf. Einen Tag danach, und er steht mitten in der Dorfmitte, ganz in Schwarz mit schwarzer Maske. Er verschwindet auch nicht, steht dort noch am nächsten Tag. Die Dorfbewohner fordern Gamache auf, ihn wegzuscheuchen. Aber es gibt keinen Grund. Das Stehen in der Dorfmitte ist nicht verboten. Der Mann sagt keinen Ton – was will er? Er ist ein Cobrador, eine Figur mit spanischen Wurzeln, er ist ein Schuldeneintreiber. Doch ein Cobrador will kein Geld, er wartet vor dem Haus in alles Öffentlichkeit, bis der Schuldner sein Vergehen gesteht und »bezahlt«, seine moralische Schuld.

Erst ganz am Ende blättert die Autorin die Karten auf

Sie wollten die Drogenkartelle zerschlagen, ein Krieg gegen die Kartelle, und Krieg bringt in der Regel Kollateralschaden mit sich … Wie kommen sie aus dieser Nummer heraus? Louise Penny rollt Stück für Stück die Geschichte auf. Wer sitzt dort eigentlich auf der Anklagebank und worum geht es genau? Mord, na klar. Die Autorin hält das alles  bis zum Ende zurück. Ein spannender Krimi mit vielen Cliffhangern, die Gerichtsverhandlung geht über in die Geschichte von damals, teil übergangslos verschachtelt. Die trügerische Idylle täuscht, es brodelt im Geäst. Sorgfältig aufgestellte Figuren geben dem Krimi die Tiefe. Für mich war der Roman ein Lesevergnügen.

Louise Penny ist in Kanada eine bekannte Krimiautorin. Vielleicht bekommen wir noch mehr von ihr
zu lesen.


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