Rezension
von Sabine Ibing
Die Nebelspur
von Jens Soentgen und Vitali Konstantinov
Wie Charles Wilson den Weg zu den Atomen fand
Jens Soentgen hat Chemie und Philosophie studiert, eine Kombination, die Wissenschaft und den Sinn der Welt kombiniert, den sorgsamen Umgang mit Naturwissenschaft unterstützt und sie mit der Natur verbindet. Da liegt es nicht fern, etwas über den schottischen Nobelpreisträgers Charles Wilson (1869 – 1959) und seine »Wolkenmethode« zu schreiben. Wolken und Nebel, davon gibt es in Schottland genug. Nicht verwunderlich, dass ein Schotte die Nebelkammer erfand.
Und deshalb sind Wilsons Beobachtungen nicht nur ein Schlüssel zu den Bausteinen der Materie und damit zu unserem modernen Wissen über die Natur. Sie zeigen auch anschaulich, dass in der Natur alles Prozess ist, dass selbst scheinbar feste Steine in immerwährender Umwandlung sind und auch die auch die umgebende Luft nicht so ruhig ist, wie es scheint, sondern fortwährend von Strahlung durchkreuzt wird. Und diese Strahlung kommt nur zum Teil aus der Erde selbst, zum Teil auch aus den Tiefen des Alls, als Schauer ferner Sternenexplosionen oder Sternenkollisionen.
Zunächst geht es in diesem Buch um Schottland – damit wir als Leser ein Gefühl für diese Nebellandschaft bekommen. Charles Wilson wollte eigentlich nur Wolken und Nebel verstehen und experimentierte mit Nebel. Er studierte die Wolkenbildung in selbstgeblasenen Kolben: die Kondensation von Wasserdampf an winzigen Staubteilchen. Und er entdeckte, dass auch in reiner Luft ohne Partikel feinste Kondensstreifen entstehen. Mit seiner Nebelkammer gelang es ihm erstmals, die Spuren von Atomen und Elementarteilchen sichtbar zu machen. So kam es, dass erstmalig ein Schotte einen Nobelpreis erhielt. Denn ohne die Nebelkammer hätte die Teilchenphysik des 20. Jahrhunderts nicht stattfinden können. Unsichtbares sichtbar machen. Mit viel Feingefühl und einer Portion Humor erklärt Jens Soentgen, wie Charles Wilson auf die Idee kam, seine Forschungen am Nebel zu unternehmen und wie er zufällig Unsichtbares sichtbar machte. Am Ende geht es dann noch mal ums Wetter, um Blitze – Experimente und na was wohl? Whisky. Beobachten, Rückschlüsse ziehen, experimentieren mit einfachsten Methoden. Zum Forscher gehört nicht unbedingt ein großes Labor. Neugier und Durchhaltevermögen, ein feiner Beobachtungssinn können viel bewirken. Die Illustrationen von Vitali Konstantinov untermalen das Ganze naturwissenschaftlich auf der einen Seite und auf der anderen Seite gibt es eine Menge zu lachen – britischer Humor ist garantiert. Ein Jugendbuch an 14 Jahren, für alle die Jugendlichen, die fasziniert von der Natur und Naturwissenschaften sind.
Jens Soentgen, 1967 in Bensberg geboren, studierte Chemie und Philosophie und lehrte an Universitäten in Deutschland und Brasilien. Seit 2002 ist er Leiter des Wissenschaftszentrums Umwelt der Universität Augsburg. Im Peter Hammer Verlag erschienen u.a. »Selbstdenken« und „Von den Sternen bis zum Tau« (mit Illustr. von Vitali Konstantinov), das für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert wurde.
Vitali Konstantinov, 1963 in Bessarabien geboren, studierte bildende Kunst und Architektur in Russland, Grafik, Malerei und Byzantinische Kunstgeschichte in Deutschland. Er unterrichtet Buchillustration u.a. an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg. Seine Bücher erhielten viele Preise, zuletzt wurde „Seltsame Seiten“ (Text: Daniil Charms, Bloomsbury) von der Stiftung Buchkunst zum „Schönsten deutschen Buch“ gewählt. „Von den Sternen bis zum Tau« (Text: Jens Soentgen) mit über 80 Illustrationen von Vitali Konstantinov wurde für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2011 nominiert.
Jens Soentgen und Vitali Konstantinov (Illustrationen)
Die Nebelspur
gebunden, Halbleinen, 120 Seiten
Sachbuch für Jugendliche ab 14 Jahren
Peter Hammer Verlag
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