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Dezember 41 von William Martin - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing






Dezember 41 


von William Martin


Tödliche Weihnachten im Weißen Haus? William Martins hat einen spannenden historischen Thriller geschrieben, schickt einen Killer auf den Weg, der den Präsidenten erschießen soll, während er öffentlich den Tannenbaum vor dem weißen Haus anzündet. Ein Mann, wandelbar wie ein Chamäleon, einer mit mehreren Pässen im Gepäck, der die Kleidung wechselt, die Frisur mit dem Kamm verwandelt, und schon geht ein anderer Mann aus dem Haus …

Er wollte nicht lügen, weil Lügen weitere Lügen nach sich zogen, bis man in einem unentrinnbaren Labyrinth feststeckte. Deshalb hielt er sich bedeckt. ‹Ich weiß ja, wo ich Sie finde›, sagte er. ‹Sobald ich eine Waffe habe, melde ich mich.› 
‹Ich hab eine Waffe, Herr Cusack. Für den Tag der Entscheidung.› 
‹Der Tag der Entscheidung. Richtig. Dafür will ich meine Waffe ja haben.›
‹Wir alle sollten Waffen haben, damit wir die Juden abknallen können, wenn es so weit ist. Sie sind hoffentlich darauf vorbereitet, Juden aus Hollywood wie Jack Warner und Hal Wallis zu liquidieren. Oder umschmeicheln Sie die genauso, wie Sie es bei Emil Gunst und Hermann Schwinn tun, wenn Sie beim Bund sind?›

Ein Anschlag auf den amerikanischen Präsidenten

Einen Tag nach Pearl Harbor versammeln sich die schockierten Amerikaner vor ihren Radios und müssen mit anhören, wie Franklin D. Roosevelt den Kriegseintritt der USA erklärt. In Los Angeles plant unterdessen der deutsche Spion Martin Browning einen Anschlag auf den amerikanischen Präsidenten. Er will Roosevelt am Weihnachtsabend töten, wenn dieser vor dem Weißen Haus öffentlich den Weihnachtsbaum erleuchtet. Unterstützt durch einen geheimen deutschen Nazibund wird er seine Reise antreten. Der irsch-deutsch-jüdische Drehbuchautor Kevin Cusack aus Hollywood, der den Deutschen Bund in L.A. für das FBI ausspioniert, hat erfahren, dass es irgendjemand auf den Präsidenten abgesehen hat, und er steht mit dem FBI-Agent Frank Carter in Verbindung. Nur wer ist der Assassino? Ist Cusack auf der richtigen Spur?

John Wayne blickte über seine Kabinentür und kam heraus. ‹Ihr Schlag... Sie haben gar nicht ausgeholt.› ‹Weil er echt war›, sagte Kevin, ‹anders als im Film.› 
Wayne zeigte mit dem Daumen auf Jerry. ‹Und wer sagt Walsh jetzt, dass sein neuer Autor ...› ‹... unpässlich ist? 
‹Muss er allein rausfinden, genauso wie die Tatsache, dass sein neuer Autor nicht schreiben kann.› 
‹Okay.› Wayne kehrte zu seiner deutschen Freundin zurück. Kevin aß seine Scholle und verließ das Lokal, als Raoul Walsh Horace McCoy bat, nach Jerry Sloane zu suchen. Was für ein Auftritt, um alle Brücken hinter sich abzubrechen.

Ein nettes Ehepaar auf Reisen

William Martin hat den Roman interessant aufgebaut: «Rettet die Katz!» Martin Browning wird uns als sympathischer, gebildeter Mann vorgestellt, gepflegt, gutaussehend, er arbeitet als Verkäufer in einem gehobenen Herrenbekleidungsgeschäft in Burbank. Er beobachtet in einem Restaurant Vivian Hopewell, eine hübsche Frau, die der Dietrich ähnlich sieht, eine junge Schauspielerin, die sich nach einer Rolle sehnt. Als ein Typ sie gegen ihren Willen in ein Auto sperrt, folgt Browning dem Wagen, verhaut die Herren, die sich über Vivian hermachen wollen. Er zahlt ihr ein teures Hotel, er hätte Chancen bei ihr, nützt sie aber nicht aus, erzählt (er hat gerade die Identität gewechselt), er sei Saatgutvertreter, sei nach Washington D.C. unterwegs, um sich mit dem Landwirtschaftsminister zu treffen. Martin will ihr helfen, schlägt vor, dass er Vivian als seine Frau auf der Reise ausgibt, denn desillusioniert die will einfach nur noch nach Haus, weg aus der Hollywood-Gesellschaft. Sie kommt aus einem kleinen Ort in der Nähe von Washington. Der taffe Typ mit Herz, der die Frau vor der Vergewaltigung rettet. Ein nettes Ehepaar ist auf der Reise unauffällig, denkt sich Martin; denn er muss vorsichtig sein. Der Lesende hat ihn liebgewonnen. Und von nun an wird die Figur demontiert. Leichen pflasterten seinen Weg … Während die Uhr tickt, beginnt ein Höllenritt, der am Weihnachtsabend 1941 endet. Der Wechsel der Charaktere gibt das Tempo vor – ständig wechseln wir die Perspektive, immer schneller. In diesem Roman trifft sich die Crème de la Crème aus Hollywood, interessante Figuren laufen uns ganz nebenbei über den Weg, was in der Regel ein amüsanter Einschub ist.



Jede dieser Figuren hat eine eigene Geschichte. Kevin Cusack  liest Drehbücher bei der Warner Brothers Movie Company und hat gerade ein Drehbuch mit dem Titel ‹Everybody Comes to Rick's› gelesen, das in Casablanca, Marokko, spielt. Er stellt sich für die Rolle Humphrey Bogart vor, beobachtet ihn und seine Kneipe in einer Bar. Bei seinen Spionagetätigkeiten fliegt er beim Deutschen Bund auf, gerät unter Mordverdacht und muss sich vom Acker machen. Eine gute Freundin, Sally Drake, gibt ihn als Bruder aus, und so treffen alle Beteiligten und ein paar andere im Super Chief (einem Luxuszug von Los Angeles nach Chicago) aufeinander. In der Nacht kommt es für Martin Browning das erste Mal zu Komplikationen – es gibt Mitreisende, die meinen, ihn unter einer anderen Identität zu kennen … Auch Zugbegleiter Stanley, der die Herrschaften bedient und die Betten macht, spielt eine Rolle. Ein klasse Thriller, spannend geschrieben, ein literarischer, ein historischer Thriller. Atmosphärisch, gute Dialoge, historischer Flair, tiefe Figuren und  ein Schuss Humor - eine gute Mischung!


Nicht historisch - nur atmosphärisch historisch

Wie weit historisch? Ganz ehrlich – eigentlich gar nicht. Am 15. Februar 1933 wurde auf Franklin D. Roosevelt, den frischgewählten, aber noch nicht vereidigten 32. Präsidenten der Vereinigten Staaten ein Attentat verübt, der Schütze traf aber nicht den Präsidenten, sondern den neben ihm stehenden Bürgermeister Chicagos, Anton Cermak und vier weitere Personen. Cermak und eine Frau aus dem Publikum starben später an ihren Verletzungen. Zangara wurde festgenommen, sagte, der Anschlag sei nicht politisch, er hasse eben reiche und mächtige Menschen. Es wird vermutet, dass aufgrund Roosevelts Kampf gegen die Mafia das Attentat geplant war, doch das wurde nie bewiesen werden. Zangara wurde zum Tode verurteilt und noch im März desselben Jahres hingerichtet. Von daher ist der Vergleich Parallelen nicht gegeben. Aber trotzdem gibt es einen historischen Background: Hollywood! Bekannte Hollywoodgrößen werden am Rande beschrieben, die Stimmung kommt herüber, ebenso die Fahrt in dem legendären luxuriösen Super Chief. Auf jeden Fall ein empfehlenswerter Thriller!

William Martin ist preisgekrönter Bestsellerautor von historischen Thrillern und Spannungsromanen. Sein Roman »Cape Cod« hat sich über eine halbe Million Mal verkauft. Er ist Preisträger des renommierten New England Book Award sowie des Samuel Eliot Morison Award. Er lebt in der Nähe von Boston


William Martin 
Dezember 41 
Originaltitel: December '41, 2022
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Thomas Gunkel, Tobias Rothenbücher
Thriller, literarischer Thriller, Historischer Thriller, Franklin D. Roosevelt, Hollywood, USA, Super Chief
Hardcover, 480 Seiten 
Hoffmann und Campe Verlag, 2024






Krimis und Thriller

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Historische Romane und Sachbücher

Im Prinzip bin ich an aller historischer Literatur interessiert. Manche Leute behaupten ja, historisch seien Bücher erst ab Mittelalter.  Historisch - das Wort besagt es ja: alles ab gestern - aber nur was von historischem Wert ist. Was findet ihr bei mir nicht? Schmonzetten in mittelalterlichen Gewändern. Das mag ganz nett sein, hat für mich jedoch keine historische Relevanz.  Hier gibt es Romane und Sachbücher mit echtem historischen Hintergrund.
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