Direkt zum Hauptbereich

Resistent von Paul McNeive - Rezension


Rezension

von Sabine Ibing

Resistent 


von Paul McNeive


Der Anfang: Hiroshima — Samstag, 6. August 1945
Die Welt würde sich heute ändern – und er war derjenige, der sie verändern würde. Tom Ferebee, der Bombenschütze an Bord der Enola Gay, war schweißgebadet. Sein Hemd klebte am Rücken, während er versuchte, sich zu konzentrieren.

Tsan Yohoto gehört das größte Pharmaunternehmen Japans. Er könnte glücklich sein, doch Rache nagt an ihm, seit seine Familie 1945 in Hiroshima durch die amerikanische Atombombe getötet wurde. Lange hat Yohoto an einem perfiden Plan geschliffen. Vereint mit Al-Qaida will er eine Masse von Bewohnern New Yorks umbringen. Mehr oder weniger unbemerkt, denn die werden freiwillig ein beworbenes Antibiotikum zu sich nehmen, über Monate. Und weil Geiz geil ist, werden sie Burger einer Fastfoodkette verschlingen – denen eines Tages E-Coli-Bakterien zugesetzt werden …

Ein perfider Plan

Meine Herren», wiederholte Kinotoa, «lassen Sie mich zunächst unsere Freunde auf das herzlichste willkommen heißen und ihnen danken, dass sie die Reise hierher unternommen haben.›
…  ‹Es ist uns eine besondere Ehre, so langjährige Freunde und Verbündete endlich persönlich
zu treffen.›…
Kiyo Arai, ein großer, gutgebauter Araber Mitte fünfzig mit braunen Augen und einem grauen Bart, war einer der meistgesuchten Terroristen auf der Welt. Er war zusammen mit Kazuman Tokash, einem weiteren hochrangigen Mitglied der Al-Qaida, nach Japan gekommen.

Der Plan ist genial – aber wie das mit Plänen so ist, erst am Ende weiß man, ob er funktioniert. Wie will Tsan Yohoto Menschenmassen manipulieren, wirklich genau das zu tun, was er von ihnen erbittet? Geht der Plan auf? Das sei an dieser Stelle nicht verraten. Detective John Wyse spielt dabei eine Rolle. Er hat ein paar merkwürdige Mordfälle aufzuklären, zum Beispiel den an einem alten Herren, dem eine Fastfoodkette gehört. Wyse tappt lange im Dunkeln, denn für ihn gibt das alles keinen Sinn. Der Leser weiß mehr.

Hochbrisant und spannend

Ein intelligent geschriebener Thriller! Resistent gegen Antibiotika, ein Thema, das andere Thema geht hinein ins Marketing und Lobbyismus, in die Pharmazie, die Medizin. Ein Allroundmedikament muss auf den Markt. Wie funktioniert die Marketingmaschine, einschließlich gekaufter Gutachten und Empfehlungen? Die Werbetrommel läuft – die Verbraucher hätten es im Griff, sich dem zu verweigern. Was stopfen wir bedenkenlos alles in uns hinein? Wie dumm ist der Durchschnittsverbraucher eigentlich? Was erlauben die Gesetze? – In den USA ziemlich viel. Der Plot würde bei uns in Europa so nicht funktionieren – aber nur wegen unserer scharfen Gesetze, doch auch bei uns gibt es Möglichkeiten. Der Leser liest in der 360-Grad-Perspektive. Auf der einen Seite erlebt er jeden Schachzug von Tsan Yohoto, der die Fäden in der Hand hält, bekommt Einblick in die Nebenfiguren, wie Marketingleute, Ärzte, Patienten, die Fast-Food-Famile, usw., hofft, dass Detective John Wyse dem üblen Tsan Yohoto auf die Schliche kommt. Aber nicht mal der Soziopath Tsan Yohoto erscheint mir als Leser, völlig unsympathisch in seiner Art. Paul McNeive besitzt die Kraft der Manipulation – ganz genauso, wie einige seiner Protagonisten. Der Thriller ist spannend geschrieben, die Figuren sind gut aufgestellt bis ins Detail geschliffen, glaubhaft, wie der gesamte Plot. Mehr zu sagen, würde zu viel verraten. Ein wirklich feiner Thriller, gut zu lesen mit jeder Menge Nachhall.

Paul McNeive verlor im Alter von 20 Jahren beide Beine. Die Erfahrungen mit Antibiotika während seines Genesungsprozesses bilden die Grundlage für die Idee zu «Resistent». McNeive arbeitete bereits als Immobilienmakler und als Motivationstrainer und schreibt für den Irish Independent. Er ist der erste Hubschrauberpilot ohne Beine und setzt sich als Botschafter der Douglas Bader Foundation für Amputationspatienten ein. Nebenbei komponiert und singt er.


Paul McNeive
Resistent
Originaltitel: Manhattan Project, 2018
Aus dem Englischen übersetzt von Axel Merz
Thriller
Taschenbuch, 478 Seiten
rororo, 2019






Ein passender dystopischer Thriller, der sich mit der Gesundheit befasst:

Paradise City von Zoë Beck   
Zoë Beck schreibt schnörkellos, auf den Punkt gebracht – und sie schreibt Thriller. Dies ist nun ihr zweiter dystopischer Thriller aus der nahen Zukunft. Wie könnte die Welt demnächst aussehen? In dieser Welt sind die Küstenregionen überschwemmt, die Menschen leben zumeist in Megacitys – Frankfurt, die Hauptstadt, erstreckt sich bis Gießen. Berlin ist eine Art Museum-Freizeitpark. Die Uckermark ist ländlich, ursprünglich, wilddurchzogen, Bären und Wölfe leben in den Wäldern. Diese Welt ist total in Ordnung, alle Menschen fühlen sich wohl, um die Volksgesundheit steht es so gut wie noch nie, dank einer Gesundheits-App. Willkommen in der heilen Welt. Wirklich?
Weiter zur Rezension:   Paradise City von Zoë Beck



Krimis und Thriller

Ich liebe Krimis und Thriller. Natürlich. Spannend, realistisch, gesellschaftskritisch oder literarisch, einfach gut … so stelle ich mir einen Krimi vor. Was ihr nicht oder nur geringfügig bei mir findet: einfach gestrickte Krimis und blutrünstige Augenpuler.
Krinis und Thriller

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Rezension - Wolfssommer von Hans Rosenfeldt

  Ein atmosphärisch dichter und spannender Schweden-Krimi von Hans Rosenfeldt, bekannter Krimiautor und Drehbuchautor (skandinavische TV-Serie «Die Brücke», britische Fernsehserie «Marcella» über Netflix) erwartet uns mit dem Auftakt einer neuen Serie. Die Erwartungen waren hoch. Rosenfeldt hat geliefert. Die Kleinstadt Haparanda, nahe der finnischen Grenze, wird zufällig zum Schauplatz eines Drogendeals. Wer hat die Drogen und das Geld, wer wird sie am Ende bekommen? Der einzige der durchblickt, ist der Leser – Dank Mehrperspektivität. Denn alle Protagonisten tappen im Dunkeln – wissen nichts voneinander. Ein komplexer und spannungsreicher Thriller! Weiter zur Rezension:    Wolfssommer von Hans Rosenfeldt

Rezension - Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

  Offene Antworten auf deine Fragen zu Liebe, Lust und Pubertät Ein Aufklärungsbuch, das locker Fragen beantwortet und kurze Erfahrungsberichte von jungen Menschen einstreut, das alles mit knalligen Illustrationen unterlegt. Du bist, wie du bist, und du bist, wie du bist okay. Das Jugendbuch erklärt, stellt Fragen. Die Lust im Kopf, genießen mit allen Sinnen; was verändert sich am Körper in der Pubertät?, die Vagina, die Monatsblutung, der Penis, Solosex, LGBTQIA, verliebt sein, wo beginnt Sex?, Einvernehmlichkeit, wie geht Sex?, Verhütung, Krankheiten, Sextoys – das Buch spart nichts aus. Informieren, anstatt tabuisieren! Locker und sensibel werden alle Themenfelder sachlich vorgestellt. Prima Antwort auf offene Fragen; ab 11 Jahren. Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

Rezension - Kalte Füße von Francesca Melandri

  Im Winter 1942/43 flohen italienische Soldaten in Schuhen mit Pappsohlen vor der Roten Armee, Zehntausende erfroren. Der «Rückzug aus Russland» hat sich als Trauma im kollektiven Gedächtnis Italiens eingebrannt - auch in der Familie von Francesca Melandri, einer der wichtigsten Autorinnen Italiens. Ihr Vater hat ihn überlebt. Doch erst als Anfang 2022 Bilder und Orte des Kriegs in der Ukraine omnipräsent sind, wird ihr klar: Der Vater ist vor allem in der Ukraine gewesen. Sie tritt mit ihrem verstorbenen Vater in ein Zwiegespräch, wobei sie den Krieg damals mit dem Heutigen in der Ukraine vergleicht. Und es ist eine Abrechnung mit der italienischen Linken. Empfehlung, unbedingt lesen! Weiter zur Rezension:    Kalte Füße von Francesca Melandri 

Rezension - Die Grille in der Geige von Anna Haifisch

  Eines Sommers findet eine wandernde Grille im Wald eine alte Geige . «Wie praktisch!», ruft sie und zieht in das geräumige Instrument ein. Sie töpfert und zieht Nudeln und des Nachts zupft sie die Saiten, erfreut alle Insekten und Mäuse in der Umgebung mit ihrer Musik. Doch als ein bitterkalter Winter das Land überzieht, stürmen die Insekten das Heim der Grille , zerhacken es und zünden es an … Ein humorvolles Bilderbuch ab 4 Jahren – Empfehlung! Weiter zur Rezension:    Die Grille in der Geige von Anna Haifisch 

Rezension - Lázár von Nelio Biedermann

  «Ein wirklich großer Schriftsteller betritt die Bühne, im Vollbesitz seiner Fähigkeiten.», so wird von ihm geschrieben. Nelio Biedermann schreibt mit 20 Jahren sein erstes Buch und das Manuskript geht in die Versteigerung – die Verlage überbieten sich, es wird in 20 Sprachen verkauft, man redet über ein sechsstelliges Vorschusshonorar – über den neuen Thomas Mann . Uff. Ich war gespannt. Mich konnte der Familienroman nicht überzeugen – leider. Weiter zur Rezension:    Lázár von Nelio Biedermann

Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada

Am 08.11.2019 war ich zu einer Mischung aus Lesung und Definition des Begriffs Kriminalliteratur in St. Gallen in der Wyborada zu Gast, im Literaturhaus & Bibliothek in St. Gallen in der Frauenbibliothek und Fonothek Wyborada. Else Laudan sprach zum Thema Kriminalliteratur, erzählte ihren Weg mit ihrem freien Verlag Ariadne, ein Verlag, der ausschließlich literarische Kriminalliteratur von Frauen veröffentlicht. Weiter zum Artikel:    Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada 

Rezension - Motte und die Metallfischer von Sanne Rooseboom und Sophie Pluim

  Der Sommer, in dem Motte ein U-Boot fand, fing ziemlich normal an. Langweilig sogar. Doch auf einmal liegt das Schicksal der ganzen Stadt in ihren Händen. Es sind Ferien, aber Mottes Mutter muss arbeiten, einen Urlaub könnten sie sich nicht leisten. Sie ist als Personalcoach unterwegs: Mode, Schminke, Sport, Gesundheit, Ernährung. Und genau das interessiert Motte so gar nicht. Am Kai zeigt ihr Lukas das Metallfischen – ein perfektes Hobby für Motte, die neben schwarzer Kleidung das Unperfekte an Dingen liebt. Sie kauft sich einen Magneten zum Metallangeln. Vielleicht kann man sich etwas verdienen, wenn man Altmetall zur Altmetallhändlerin bringt; sie sammelt ihre ersten Schätze, die die Mutter eklig findet. Plötzlich hängt etwas ganz Großes an der Angel! Spannender Kinderroman ab 9/10 Jahren. Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Motte und die Metallfischer von Sanne Rooseboom und Sophie Pluim

Rezension - So weit der Fluss uns trägt von Shelley Read

  Am Fuße der Elk Mountains in Colorados strömt der Gunnison River an einer alten Pfirsichfarm vorbei. Hier lebt in fünfter Generation in den 1940ern die 17-jährige Victoria mit ihrem Vater, dem Onkel und ihrem Bruder Seth. In der Stadt begegnet sie Wilson Moon, und beide fühlen sich sofort zueinander hingezogen. Dramatische Ereignisse zwingen Victoria, selbst das Leben in die Hand zu nehmen. Ein wenig schwülstig, doch gut lesbar, atmosphärisch, ein Familienroman, ein Coming-of-age – gute Unterhaltung … eine Hollywood-Geschichte. Die Pilcher-Fraktion wird begeistert sein!  Weiter zur Rezension:    So weit der Fluss uns trägt von Shelley Read

Rezension - Wenn das Wasser steigt von Dolores Redondo

  1983 , der Polizist Noah Scott ist besessen davon, den Serienmörder Bible John zu erwischen. Er steht im Verdacht, Frauen, die aus Diskotheken verschwanden, nie wieder auftauchten, ermordet zu haben. Seit Jahren ist Noah an dem Fall dran, und er glaubt, den Täter identifiziert zu haben. Er folgt John Clyde und es gelingt ihm, auf seinem persönlichen Friedhof die Handschellen anzulegen – doch dann krampft sich etwas in seiner Brust zusammen und es wird schwarz vor seinen Augen … Ein spanischer literarischer Thriller vom Feinsten! Weiter zur Rezension:    Wenn das Wasser steigt von Dolores Redondo

Rezension - Was danach kommt von Anika Suck

  Karmen passt einen Moment beim Autofahren nicht auf und verursacht einen Verkehrsunfall mit tragischem Ausgang – ein Kind ist tot. Es sind nur ein paar Sekunden, die Karmens Leben in seinen Grundfesten erschüttern. Denn im darauffolgenden Prozess muss sie sich einer Schuld stellen. Von der Presse Kindsmörderin getauft und von der Empörungsgesellschaft vorverurteilt, wird sie auch von ihrem sozialen Netz fallen gelassen. Am Ende muss Karmen selbst entscheiden, ob sie schuldig ist oder nicht. Mich konnte das Buch nicht überzeugen, da für mich die Darstellung der Geschichte absoluter Gerichts-Nonsens ist. Weiter zur Rezension:    Was danach kommt von Anika Suck