Direkt zum Hauptbereich

Ode an die Göttin des Luo Flusses von Yu Zhiying und Ye Luying - Rezension

Rezension

von Sabine bing



Ode an die Göttin des Luo Flusses 


von Yu Zhiying und Ye Luying


Der erste Satz: Einer alten Erzählung nach haust am Fluss Luo eine Göttin namens Fu. 

Eigentlich ist dieser Prachtband ein Bilderbuch für Kinder, aber wer sich für wundervoll illustrierte Mythen und Märchen interessiert, sollte weiterlesen. Die Legende um die Flussgöttin Fu stammt aus der chinesischen Wei-Dynastie (220 – 265 n. Chr.). Die Illustration im traditionell-modernen chinesischen Stil ist wunderschön, voller Details, viele Bilder sind ausklappbar, so dass man eine riesige Szenerie über 6 Seiten Länge vor sich liegen hat.




Cao Zhi rasten bei einer Reise am Fluss Luo. Hier erblickt er eine betörende Frau, verliebt sich in sie, erfährt, dass es sich um eine Göttin handeln muss. Er möchte sie ansprechen, fürchtet aber gleichzeitig, von der Flussgöttin Fu betrogen zu werden, wie es oft in der Götterwelt passiert. Langsam gehen die beiden aufeinander zu – Fu scheint von Traurigkeit umgeben zu sein. Schon tauchen Götter und Göttinen auf, warnen Fu eindringlich, mit ihnen zu gehen, weil Menschen und Götter nicht in Kontakt kommen dürfen. Luo verscheucht die Götter und spricht zu Cao Zhi, zeigt sich ihm ganz nah. Sie ist traurig darüber, dass die beiden nicht zusammenkommen dürfen, sie wird ihn vermissen – und schon ist sie im Nebel verschwunden. Typische für chinesische Mythen ist die Begegnung zwischen Mensch und Götterwelt, die Trennung und die Suche. Der Mensch sucht nach seiner Göttin. Manchmal erreicht er sein Ziel und manchmal bleibt er bis in die Ewigkeit auf der Suche.





Ye Luyings Illustrationen mischen die traditionelle chinesische Malerei mit der modernen. Insbesondere bei den Augen der Fabelwesen dringt die zeitgemäße Art zu zeichnen durch, belebt die Grafiken. Die großformatigen Szenen sind voller Einzelheiten, regen Kinder zum Erzählen an. Am Ende gibt es eine Art Legende zu Mythen-Wesen – gezeichnet, mit einer Erklärung zum Ursprung und es folgt ein Nachwort von Yu Zhiying, der Autorin.

Ich hoffte, meine Zuneigung würde sie eher erreichen als jene anderer. Ich nahm meinen Jadeanhänger ab, um eine Einladung zu signalisieren. Ah, sie ist vollkommen, sie versteht ganz und gar die Etikette und hat Berge von Gedichten gelesen. Sie reagierte darauf mit einem Jade-Anhänger und zeigte den Zeitpunkt für ein Rendezvous an.




Leider ist die Übersetzung aus dem Chinesischen eine sprachliche Katastrophe. Selbst als Erwachsener stolpert man über Sätze, liest sie dreimal, bis man sie versteht, die Grammatik hinkt an manchen Stellen. Da dies ein Kinderbuch ist, muss ich leider sagen, dass die Umsetzung aus dem Chinesischen völlig misslungen ist. Eine kindgerechte freie Übersetzung tut hier Not! Das Nachwort von Yu Zhiying klingt, als wäre der Text einer Übersetzungsmaschine entsprungen, die lediglich ein wenig nachgebessert wurde: «Eine unüberschaubare Schar von Lesern zeigt heftiges Verlangen nach der Ode an die Göttin des Luo Flusses.» Nun ja … Die bildnerische Gestaltung ist es Wert, sich mit dem Buch zu beschäftigen, sich darauf einzulassen. Es wird im Impressum auch kein Übersetzer benannt. Interessant ist der Hinweis: «Die deutsche Version wurde in Kooperation mit CITIC Press Cooperation, China, produziert.» Das lässt vermuten, dass die Übersetzung in China erfolgte und nicht muttersprachlich begleitet wurde, schon gar nicht durch ein kindgerechtes Lektorat begleitet wurde. Schade, denn Sprache ist das Wesen in der Literatur. Die Illustration würde ich sofort mit 5*+ bewerten, die Sprache leider nur mit 1* und ausgewiesen für Kinder mit 0*. Die Grafiken hauen alles wieder heraus – Kindern bitte nicht vorlesen – sondern die Geschichte mit eigenen Worten erzählen, dann wird es ein wundervolles Leseerlebnis. Das Bilderbuch ist für Kinder ab 5 Jahren angegeben. Wie gesagt, sprachlich geht dies für mich gar nicht. Inhaltlich ist ein Mythos immer an der Grenze kindgerecht zu sein. Hier kommt es immer auf die sprachliche Umsetzung an, die hier voll in Hose ging. Aber die Grafik haut wieder alles heraus. Eigentlich weniger ein Thema für Kinder, aber die wundervollen Grafiken, das Erlebnis des Ausklappens zum Großformat, die Geschichte in der Geschichte Blatt für Blatt mit vielen Details, macht das Buch für Kinder zum Erlebnis. Die Auseinandersetzung mit anderen Kulturen und Mythen ist ein weiterer Aspekt, den es zu unterstreichen gilt. Vergessen wir einfach die Texte und lassen Bilder auf uns wirken!


Yu Zhiying ist eine taiwanesische Autorin von Kinderliteratur, Kritikerin von Kinderbüchern, Übersetzerin.

Ye Luying ist eine bekannte Illustratorin, Bilderbuchkünstlerin und Lehrerin an der CAFA, spezialisierte sich nach ihrem Abschluss auf Illustration und Cartoon. Sie hat sich auf die orientalischer Kunst spezialisiert. Für ihre Werke wurden ihr der China Animation & Comic Competition Award (Beste Illustrationen), Hsin-Yi Picture Book Award, und der Cheltenham Illustration Award verliehen. Außerdem gewann sie die Golden Pinwheel International Young Illustrators Competition (Beste Chinesische Illustratorin).



Yu Zhiying / Ye Luying 
ODE AN DIE GÖTTIN DES LUO FLUSSES
übersetzt aus dem Chinesischen
Bilderbuch, Mythen und Legenden, chinesische Mythologie
Format 29 x 29 cm, aufklappbar bis 174 x 29,  76 Seiten
durchgehend farbig illustriert, cellophanierter Pappband mit ausklappbaren Seiten
Michael Neugebauer Edition, 2019
Lesealter: ab 5 Jahren





Atlas der Meerjungfrauenvon Anna Claybourne und Miren Asiain Lora   

Bei Meerjungfrauen denken die meisten Menschen an das Märchen von Hans Christian Andersen. Doch diese mystischen Wesen sind überall auf der Welt bekannt und kommen in jeder Kultur vor. Sie beschützen uns, erfüllen Wünsche, retten Ertrinkende aber sie können auch zornig und garstig sein, tückisch, Boote zum kentern bringen, Seeleute ins Unterwassergrab locken. Manche verlieben sich in Menschen. Dieses Kinderbuch, ein illustrierter Altlas, zählt sie auf, berichtet von den Legenden, Sagen und Mythen: Selkies,  die blauen Männer des Minch, die Meerjungfrau von Zennor und die magische Insel des Finfolk – Loreley, Rusalka, Fossegrimm, Lamia, Sirene Uiara, Pania of the Reef, Ningyo … Ab 8 Jahren.
Weiter zur Rezension:  Atlas der Meerjungfrauenvon Anna Claybourne und Miren Asiain Lora


Fremde Kulturen und Mythen in der Kinder- und Jugendliteratur

Wann hat der Mensch mit dem Schreiben begonnen? Fremde Kulturen, verschiedene Schriften … Warum feiern die Chinesen das Mondfest – das genauso wichtig wie das Neujahrsfest ist – bei dem die ganze Familie zusammenkommt? Wer kennt sich aus mit den nordischen Göttern, beim Odin, oder mit den nordischen Fabelwesen? Trolle kennt jeder. Aber wie sieht es mit Vitte und Vätte, Nöck, Michhase und Grollborsten aus? Die griechischen Götter waren nicht immer göttlich, sie konnten ordentliche Miststücke sein, zornig, eifersüchtig, missgünstig … Wer sich für solche Bilderbücher, Kinderbücher, Jugendbücher interessiert, wir hier fündig werden.

Interessiert? Hier geht es zu:   Fremde Kulturen und Mythen in der Kinder- und Jugendliteratur


Kinder- und Jugendliteratur
Kinder- und Jugendliteratur hat mich immer interessiert. Selbst seit der Kindheit eine Leseratte, hat mich auch die Literatur für Kinder nie verlassen. Interesse privat, später als Pädagogin, als Leserin, als Mutter oder Oma. Kinder- und Jugendbücher kann man immer lesen! 

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada

Am 08.11.2019 war ich zu einer Mischung aus Lesung und Definition des Begriffs Kriminalliteratur in St. Gallen in der Wyborada zu Gast, im Literaturhaus & Bibliothek in St. Gallen in der Frauenbibliothek und Fonothek Wyborada. Else Laudan sprach zum Thema Kriminalliteratur, erzählte ihren Weg mit ihrem freien Verlag Ariadne, ein Verlag, der ausschließlich literarische Kriminalliteratur von Frauen veröffentlicht. Weiter zum Artikel:    Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada 

Rezension - Drainting: Die Kunst, malen und zeichnen zu verbinden von Felix Scheinberger

  Als Drainting bezeichnet Felix Scheinberger die intuitive Kombination von Malen und Zeichnen. Damit hebt er die jahrhundertealte heute vollkommen unnötige Trennung zwischen Flächen malen und Linien zeichnen auf und verbindet das Beste aus beiden Welten. Früher machten wir einen Unterschied zwischen Zeichnen und Malen und damit fingen die Schwierigkeiten an. Wo es nämlich gar keine Umrisslinien gibt, gilt es, diese abstrakt zu (er)finden. Die intuitive Kombination aus Zeichnen (Drawing) und Malen (Painting) garantiert gute Ergebnisse und unendlichen Spaß! Eine gute Einführung erklärt das Knowhow und Grundsätzliches zum Malen und Zeichnen – gute Ideen, die man selbst umsetzen kann. Empfehlung! Weiter zur Rezension:    Die Kunst, malen und zeichnen zu verbinden von Felix Scheinberger 

Abbruch - Virtuoso von Jelena Moskovich

  Virtuoso  von Jelena Moskovich Jelena Moskovich hat einen schrägen Roman geschrieben, der mich immer wieder zum Abbruch bewegte, andererseits faszinierte, so dass ich weiterlas. Abwechselnd hin und hergerissen. Eine teils surreale Story, mit feinem lyrischen Stil. Ich habe nicht durchgehalten, in der Mitte dann doch abgebrochen. Eine tote Frau in einem Hotelzimmer, die Schauspielerin Céline. Die mit ihr verheiratete Arzthelferin Aimée kommt ins Zimmer, nähert sich dem leblosen Körper, versucht, Céline wiederzubeleben, betrachtet ihn von allen Seiten.  Paranoia war unsere Spezialität. Ich erinnere mich, wie mein Onkel kurz für diesem letzten Herbst 1989 zu meinem Vater sagte, er solle sich auf kein Klo setzen, ohne vorher in die Schüssel zu schauen. Es geht zurück zum Beginn der Beziehung der beiden Frauen, aber auch ins Prag von 1980, zu zwei Kindern, Jana und Zorka. Die Angst im kommunistischen Regime rückt in den Vordergrund und Kindesmissbrauch. Als das kommunistisch...

Rezension - Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

  Offene Antworten auf deine Fragen zu Liebe, Lust und Pubertät Ein Aufklärungsbuch, das locker Fragen beantwortet und kurze Erfahrungsberichte von jungen Menschen einstreut, das alles mit knalligen Illustrationen unterlegt. Du bist, wie du bist, und du bist, wie du bist okay. Das Jugendbuch erklärt, stellt Fragen. Die Lust im Kopf, genießen mit allen Sinnen; was verändert sich am Körper in der Pubertät?, die Vagina, die Monatsblutung, der Penis, Solosex, LGBTQIA, verliebt sein, wo beginnt Sex?, Einvernehmlichkeit, wie geht Sex?, Verhütung, Krankheiten, Sextoys – das Buch spart nichts aus. Informieren, anstatt tabuisieren! Locker und sensibel werden alle Themenfelder sachlich vorgestellt. Prima Antwort auf offene Fragen; ab 11 Jahren. Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Sex in echt von Nadine Beck, Rosa Schilling und Sandra Bayer

Rezension - Der Kaffeedieb von Tom Hillenbrand

  Gesprochen von Hans Jürgen Stockerl Ungekürztes Hörbuch, Spieldauer: 12 Std. und 7 Min. Wir schreiben das Jahr 1683. Der junge Engländer Obediah Chalon, Spekulant, Händler und Filou, hat sich in London gerade mit der Investition von Nelken verspekuliert und eine Menge Leute um ihr Geld gebracht, das mit gefälschten Wechseln. Conrad de Grebber, Direktoriumsmitglied der Vereinigten Ostindischen Compagnie bietet Obediah  die Möglichkeit, der Todesstrafe zu entgehen: Er wird auf eine geheime Reise geschickt, um etwas zu stehlen: Kaffeepflanzen. Spannender Abenteuerroman rund um den Kaffee. Empfehlung! Weiter zur Rezension:   Der Kaffeedieb von Tom Hillenbrand

Rezension - Der Gott des Waldes von Liz Moore

Im August 1975 findet wie jedes Jahr ein Sommercamp in den Adirondack Mountains für Kinder und Jugendliche statt. Als Barbara eines Morgens nicht wie sonst in ihrer Koje liegt, beginnt eine großangelegte Suche nach der 13-Jährigen. Barbara ist keine gewöhnliche Teilnehmerin: Sie ist die Tochter der reichen Familie Van Laar, der das Camp und das umliegende Land in den Wäldern gehören. Viele Jahre zuvor verschwand hier der achtjährige Bear, ihr Bruder, der seit 14 Jahren vermisst wird. Hängen die Vermisstenfälle zusammen? Liz Moore zeigt mit ihrem literarischen Krimi ein Gesellschaftsbild, bei dem Frauen nichts zu sagen haben. Spannender Gesellschaftsroman, ein komplexer Kriminalroman. Empfehlung! Weiter zur Rezension:    Der Gott des Waldes von Liz Moore

Rezension - Die Bestimmung der Mondsteinkinder von Maike Harel

  Der kindliche König ist erwachsen geworden, das Land braucht ein neues Kind! Eine neue Prophezeiung ist gesprochen. Der 13-jährige Meelo, ein Perlentaucher, will es probieren – denn er hat Angst vor dem Wasser, eignet sich nicht für den vorgesehenen Beruf. Er schnappt sich den Mondstein der Perlentaucher, macht sich auf den Weg zur Königslese, um sich zu bewerben. Dort lernt er Ria vom Stamm der Flügelhüter kennen, die unbedingt Königin werden will, um die Pferde zu Beschützen – und sie weiht Meelo in ihr Geheimnis ein. Spannendes Fantasy-Abenteuer ab 10 Jahren. Weiter zur Rezension:    Die Bestimmung der Mondsteinkinder von Maike Harel 

Rezension - Killer Potential von Hannah Deitch

  Als Evie Gordon an einem Tag bei den Victors klingeln will, steht die Tür offen. Sie ruft, niemand antwortet. Dann findet sie Mr Victor tot im Pool schwimmend, Mrs Victor liegt mit zermatschtem Schädel tot im Wohnzimmer. Das alles muss gerade passiert sein, Evie hat Angst, will das Haus verlassen, als sie leise Hilferufe hört. In einer Kammer unter der Treppe findet sie eine gefesselte Frau. Sie befreit sie. In dem Moment kommt die Tochter nach Hause, schreit entsetzt der Szenerie, geht auf Evie los, die in ihrer Not dem Mädchen eine Lampe über den Kopf zieht. In Panik verschwindet Evie mit der Unbekannten – ein Roadmovie beginnt. Der Roman konnte mich leider nicht überzeugen. Weiter zur Rezension:   Killer Potential von Hannah Deitch

Rezension - Lindis und der verschwundene Honigtopf von Viola Eigenbrodt

Bendix, der Häuptling des Keltendorfs Taigh, ist außer sich: Jemand hat seinen Honigtopf gestohlen! Lindis, der Ziehsohn der Dorfdruidin Kundra und dessen Freunde Finn und Veda wollen der Sache auf den Grund gehen. War der Dieb hinter der wertvollen Amphore her oder hinter deren speziellem Inhalt? War es einer der fahrenden Händler? Und dann ist auch noch die kleine Tochter der Sklavin verschwunden! Unter dem Vorwand, fischen gehen zu wollen, machen sich die drei Jugendlichen heimlich auf die Suche nach den Händlern und kommen dabei einem Geheimnis auf die Spur … Weiter zur Rezension:    Lindis und der verschwundene Honigtopf von Viola Eigenbrodt 

Rezension - So weit der Fluss uns trägt von Shelley Read

  Am Fuße der Elk Mountains in Colorados strömt der Gunnison River an einer alten Pfirsichfarm vorbei. Hier lebt in fünfter Generation in den 1940ern die 17-jährige Victoria mit ihrem Vater, dem Onkel und ihrem Bruder Seth. In der Stadt begegnet sie Wilson Moon, und beide fühlen sich sofort zueinander hingezogen. Dramatische Ereignisse zwingen Victoria, selbst das Leben in die Hand zu nehmen. Ein wenig schwülstig, doch gut lesbar, atmosphärisch, ein Familienroman, ein Coming-of-age – gute Unterhaltung … eine Hollywood-Geschichte. Die Pilcher-Fraktion wird begeistert sein!  Weiter zur Rezension:    So weit der Fluss uns trägt von Shelley Read