Rezension
von Sabine Ibing
Feuertaufe – Lorenz Lovis ermittelt
von Heidi Troi
Der Anfang: Du Lump›, entfuhr es Lovis.
Er ließ den Brief sinken und musterte Onkel Sebastian, der unbeweglich in dem Krankenhausbett lag. Sein Gesicht hatte dieselbe Farbe wie die schmucklose Wand hinter ihm und wirkte in dem großen, weißen Kissen winzig.
Lorenz Lovis, Mitte vierzig, ist der einzige Verwandte von Onkel Sebastian. Der nimmt ihm auf dem Sterbebett ab, den Hof nicht zu verkaufen, und Lovis ist so zwei Minuten später Hofbesitzer – von der Landwirtschaft hat er allerdings keine Ahnung. Immerhin ist er nicht allein, es gibt es dort einen fleißigen Landwirt in Anstellung, der die meiste Arbeit übernimmt und die Krankenschwester Angelika darf ihr Pferd auf dem Hof einstellen, hilft als Gegenleistung ein wenig im Haushalt. Lovis ist Polizist im Innendienst und nicht glücklich mit seinem Job – also kündigt er kurzer Hand und überlegt sich, Privatdetektiv zu werden. Zwei Jobs in Teilzeit, zwei Jobs, von denen er keine Ahnung hat.
Nachdem man bereits ein Drittel des Romans gelesen hat, gibt es endlich einen Auftrag. Irgendjemand platziert auf dem Grundstück des «Barons», Carlo Cavagna, Uhu-Leichen. Cavagna möchte auf dem Gelände ein riesiges Luxushotel mit diversen Nebenangeboten bauen, was nicht jedem im Dorf passt. Lovis soll ermitteln, wer die Vögel killt und er soll den Serienmörder stellen. Nebenbei erhält er von einer besorgten Mutter den Auftrag, herauszufinden, welche Kinder ihren Sohn mobben. In der Mitte des Buchs brennt die Jagdhütte von Cavagna. Die verkohlte Leiche dort drinnen entpuppt sich als der Besitzer, und mehrere Personen stehen im Verdacht, ihn getötet zu haben. Einer davon ist natürlich Lovis, der nun aus Eigeninteresse ermittelt. Dabei helfen im drei Jugendliche, die wesentlich pfiffiger sind als der Detektiv.
Lovis›, kam es zurück. ‹Mi chiedi cosa devi fare per poter ritornare?»‹Nein, ich werde sicher nicht zurückkommen. Da kann der Alte warten, bis er schwarz ist!›‹Muss er gar nicht. Deine Stelle ist bereits besetzt, amico.
Es gibt witzige Ideen in der Geschichte, wie das eigensinnige Auracana-Huhn, das blaue Eier legt und gern im Schlafzimmer von Lovis nistet – mit dem er Zwiesprache am Abend hält. Heidi Troi schreibt lebendig, humorvoll und atmosphärisch, gibt dem Leser ein Gefühl von Tirol, von der Umgebung von Brixen. Die Charaktere sind sympathisch. Man kann das Buch sicher als Krimi bezeichnen – doch ein eingefleischter Krimifan wird enttäuscht sein. Letztendlich ist Lovis recht unbeholfen in jeder Art und Weise, hat eine Menge privater Probleme, auf die das Hauptaugenmerk des Romans liegen. Die Krimihandlung ist recht flach und findet eher als Nebenhandlung statt. Ein mächtiger Mann wird ermordet und der Detektiv gerät unter Verdacht, ebenso die Ehefrau, Freundin usw. – Ein Whodunnit, der schon zig Mal erzählt wurde. Nett geschrieben, so etwas in der Art wie ein Heimatroman – doch ein Krimi benötigt Spannung, Wendungen, eine Prise zum Miträtseln. Auch Cozy Crime braucht Mystery und Nervenkitzel. Bei aller Liebe zu dem gut geschriebenen Text, Krimi fängt nicht erst in der Mitte an und begnügt sich mit der Stellung eines Uhu-Mörders, und Kinderemobbers. Gut, irgendwann gibt es dann ein Verbrechen. Aber der debbische Lovis muss sich bei der Ermittlung von Kindern helfen lassen … Nicht mal in dieser Phase kommt so recht Spannung auf. Und leider gibt es auch in diesem Roman diese leidliche Art der Einfügung von Fremdsprache, die neuerdings in Regiokrimis beliebt ist (doch nur bei denen, die in Frankreich und Italien handeln). Immerhin hat die Autorin nicht den Fehler der Doppler gemacht (erst den Satz in der Fremdsprache, Wiederholung dann auf Deutsch.) Ich hatte an manchen Sätzen zu knabbern. Wogegen derjenige, der die Fremdsprache gar nicht versteht, hat ein Problem. Immerhin macht sich die Autorin die Mühe, dass man weithin aus der Antwort den vorgestellten Dialog erraten kann. Einlagen in Tiroler Mundart sind meist verständlich, aber auch teilweise grenzwertig («Boll ma’s fadscherl gfuadert hobm legma ins zom»). Fazit: Eingefleischte Krimis Fans werden enttäuscht sein. Wer eine nette Geschichte mit Heimatflair aus Tirol sucht, dem wird es gefallen.
Heidi Troi, 1972 geboren, lebt in Brixen in Südtirol und leitet dort das von ihr gegründete Theaterpädagogische Zentrum. Mit ihrer Brixen-Krimireihe um Privatdetektiv Lorenz Lovis hat sie ihren ersten Kriminalroman vorgestellt.
Heidi Troi
Feuertaufe – Lorenz Lovis ermittelt
Krimi, Regiokrimi, Heimatroman
Taschenbuch, 368 Seiten
Servus Verlag, 2020
Krimis und Thriller
Ich liebe Krimis und Thriller. Natürlich. Spannend, realistisch, gesellschaftskritisch oder literarisch, einfach gut … so stelle ich mir einen Krimi vor. Was ihr nicht oder nur geringfügig bei mir weniger findet: einfach gestrickte Krimis und blutrünstige Augenpuler.
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