Direkt zum Hauptbereich

Der Gin des Lebens von Carsten Sebastian Henn - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing




Der Gin des Lebens 


von Carsten Sebastian Henn


Der erste Satz: Wahrscheinlich dachten Cathy Callaghans Nachbarn, dass sie ihren kleinen Garten hasste.

Ein Krimi, der mich als solcher enttäuscht hat. Erstens ist der Roman kein Krimi, zweitens entpuppt sich die Story letztendlich als unglaubwürdig und konstruiert und drittens ist mir persönlich die Geschichte ein wenig schwülstig, aber Letztes ist Geschmack. Was man über die Herstellung von Gin erfährt, ist interessant, drum habe ich auch bis zum Ende durchgehalten.

Eine Rezeptur ist Gold wert

Er: Benes Beziehung ist gerade den Bach heruntergegangen und er entsinnt sich an die Flasche Gin, die sein Vater ihm als Jugendlicher schenkte, die er aufbewahren möge. Kurz darauf war der Vater bei einem Autounfall verstorben. Ein Vater, der nie Zeit hatte, der entweder in seiner Autowerkstatt stand oder seinem Hobby nachging, der Ginherstellung. Bene öffnet die Flasche und er kann es kaum glauben – das Getränk entpuppt sich als grandiose Kreation! Freunde aus der Ginszene bestätigen das. Mit diesem Rezept könnte man reich werden! Leider findet Bene keine Aufzeichnungen dazu und er entschließt sich nach Plymouth ins Callaghans Bed & Breakfast zu fahren, da sein Vater oft dorthin fuhr, um Neues für seine Ginentwicklung zu entdecken.

Auch sie tüftelt an den perfekten Zutaten

Sie: Das Callaghans Bed & Breakfast gehört Cathy, die an einer Formel des Gins des Lebens tüftelt. Sie weiß, ihr Vater hatte solch einen Gin kreiert: das Ginrezept für den perfekten Genuss! Doch leider war ihr Vater verstorben und mit ihm seine Rezeptur. In Ihrem Garten findet sich eines Morgens eine Leiche. Ein Obdachloser wurde ermordet. Ich dachte, das sei der Aufhänger der Ermittlung. Weit gefehlt. Die Polizei hat ein paar Fragen, bleibt misstrauisch, aber Cathy juckt es nicht weiter. Und damit verläuft die Sache mehr oder weniger im Sande (auch wenn sie nebenbei am Ende aufgeklärt wird). Bene, nun im Bed & Breakfast angekommen, verliebt sich in Cathy und die beiden sind nun gemeinsam auf Entdeckungsreise nach dem Gin des Lebens. Nach einem Achtel des Buchs ahnt man, wie die Geschichte ausgeht. Ja, leider ist es auch so.

Kein Krimi mit Drive

Er sah aus wie zwei Kaffee, drei Eier mit Speck und ein Topf Birchermüsli zum Frühstück.

Im letzten Drittel kommen kriminelle Dinge ins Spiel, aber ich will nicht spoilern. – Eben kein Krimi. Es hätte an dieser Stelle noch spannend werden können, wenn die Geschichte nicht abstrus wäre. Wer hier einen netten Cosykrimi zum Mitraten erwartet, wird enttäuscht. Ein Regiokrimi? Hier fehlte mir das Händchen für Sprache. Bilder, die entstehen, wenn man in einen Ort vordringt, ihn aufblättert. Es gibt ein paar Landschaftsbeschreibungen, die aber nicht sichtbar werden in meinem Kopf. Wo bleibt das Englische? Man isst English Breakfast und ständig duftende Scones mit clottet Cream und Erdbeermarmelade. Sämtliche Figuren bleiben flach, haben keine hervorstechende Persönlichkeit. Als Leserwissen werden die Toten aus dem Off eingefügt, die verstorbenen Väter berichten – Einschübe, die für mich keinen Sinn ergaben, die auch für die Geschichte nicht zielführend sind. Pilcherland, Gin, Lovestory, Scones mit clottet Cream, das macht keinen Krimi aus, auch wenn es am Ende kriminell wird. Literarisch konnte der Roman mich nicht packen. Hier fehlt mir eine eindringliche Sprache und der sorgsame Umgang damit. So manche Metapher ließ mich hochschrecken. Dreimal den Satz lesen, ein Kopfschütteln und weiter – kriminelle Auslegung von Sprache. Letztendlich habe ich mich gefragt, was die Message an den Leser war.

Interessante Informationsseiten





Wer einfach eine nette, abstruse Geschichte zur Ginherstellung lesen mag, mit viel Herz ausgepolstert, dem könnte das Buch gefallen. Die Geschichte des Gins, seine Herstellung, das Zufügen von Geschmacksträgern, sogenannte «Botanicals» und am Ende ein paar Ginrezepte werten den Roman wieder auf. Die Informationsseiten sind in hellgrauer Färbung in die Geschichte eingebunden. – Aber ein Sachbuch über Gin wäre die Alternative, denn Krimifreunde werden wahrscheinlich enttäuscht sein.


Carsten Sebastian Henn ist Kulinariker durch und durch. Er besitzt einen Weinberg an der Mosel, hält Hühner und Bienen, studierte Weinbau, ist ausgebildeter Barista und einer der renommiertesten Restaurantkritiker Deutschlands. Seine Romane und Sachbücher haben eine Gesamtauflage von fast einer halben Million Exemplare.


Carsten Sebastian Henn 
Der Gin des Lebens
(Kriminal)Roman
336 Seiten, mit Glossar und Ginrezepten
Dumont Verlag

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Rezension - Chronisch gesund statt chronisch krank von Dr. med. Bernhard Dickreiter

Von der Schulmedizin bis heute ignoriert: Die wahren Ursachen der chronischen Zivilisationskrankheiten – und was man dagegen tun kann Noch nie hat es so viele chronisch Kranke gegeben wie heute: Arthrose, Diabetes, Alzheimer, Rückenleiden, Krebs, Burnout usw. Der Internist, Reha-Experte und Ganzheitsmediziner Dr. med. Bernhard Dickreiter ist überzeugt, dass diese Patienten selbst aktiv etwas dagegen unternehmen können. Sein Standpunkt: Wir müssen alles dafür tun, damit es den Zellen in unserem Organismus gut geht. Jede Zelle ist von einer organtypischen Umgebung eingeschlossen, in die sogenannte extrazelluläre Matrix (EZM). Dort zieht die Zelle ihre Nährstoffe, den Sauerstoff, und hier entsorgt sie ihre Abfallstoffe. Ist die Zellumgebung nicht gesund, werden wir krank. Die Schulmedizin bekämpft meist nur Symptome: Schmerzen – Schmerztablette. Die Ursachen werden oft nicht hinterfragt, bzw. operabel versucht zu beheben: neues Knie, neue Hüfte usw. Dickreiter geht ganzheitlich vor. ...

Rezension - Himbeereis am Fluss von Maria Parr

  Norwegen, in dem großen roten Haus auf einem Hügel wohnt Ida mit ihrer Familie. Und der fünfjährige Oskar behauptet, ein Monster würde im Kleiderschrank sitzen, erzählt uns die achtjährige Ida. Aber die ernähren sich bloß von Socken, beruhigt sie ihrem Bruder, der nicht glauben will, dass es keine Monster gibt. Wir begleiten die Geschwister ein Jahr lang, von Fluss-Safaris in der Frühlingssonne, ein verregneter Sommer, Einschulung, Hüttenbau und Halloween mit verlorenen Vampiren in der Herbstdunkelheit. Die elf Geschichten sind humorvoll, authentisch und es wird niemals langweilig. Witzig, spritzig, empathisch wird hier Kinderalltag, Familienalltag beschrieben. Empfehlung für das Kinderbuch ab 7 Jahren! Weiter zur Rezension:    Himbeereis am Fluss von Maria Parr

Rezension - Kind zu verschenken! von Hiroshi Ito

  Seit der kleine Bruder auf der Welt ist, kümmern sich die Eltern nur noch um ihn. Dabei sieht Daichi doch aus wie ein Äffchen und kann nichts weiter als schlafen, schreien und in die Windel machen. Der Schwester reicht es. Sie packt einen kleinen Rucksack und sagt Mama, dass sie geht, um sich eine neue Familie zu suchen. Mama sagt jaja und Tschüß – und im Hinausgehen, das Mädchen möge nicht vergessen zum Abendessen zurück zu sein. Ein Pappkarton wird beschriftet: «Kind zu verschenken», und sie setzt sich am Straßenrand hinein und wartet … Wundervolles Bilderbuch ab 6 Jahren über die Gefühle zu sprechen, wenn vom Thron des Einzelkinds gestoßen wird. Weiter zur Rezension:    Kind zu verschenken! von Hiroshi Ito

Rezension - O du schreckliche: Ein garstiger Weihnachtskanon

  Kurzgeschichten herausgegeben von Felix Jácob Felix Jácob liebt Weihnachten und fürchtet es zugleich. Im Kreis seiner großen Familie wird an den Feiertagen zelebriert, beschenkt – und lautstark gestritten. Als passionierter Leser, studierter Philologe und langjähriger Büchermacher in europäischen Verlagen sammelt er seit Jahren die schönsten und bösesten Geschichten zum Fest. Wer spricht davon, Weihnachten zu feiern? Überstehen ist alles! Garstige, schräge Weihnachtsgeschichten für Lesende, die schwarzen Humor lieben. Weiter zur Rezension:     O du schreckliche: Ein garstiger Weihnachtskanon

Rezension - Comfort von Ottolenghi und Helen Goh

  Rezepte, die du lieben wirst Der Israeli Yotam Ottolenghi hat zusammen mit seinem dreiköpfigen Küchenteam das nächste Kochbuch entwickelt. Das Team widmet sich dem Comfort Food und liefert inspirierende Gerichte, die nach Zuhause und Geborgenheit schmecken. Aber auch nach Kindheitserinnerungen und Reiseeindrücken. Comfort Food bedeutet für jeden etwas anderes, auf jeden Fall etwas wie Geborgenheit und Wohlfühlgefühl: ein Gefühl von Nostalgie, aber auch Vertrautheit. So sind über 100 Rezepte entstanden, von der Bolognese (mit asiatischen Gewürzen) bis zu Eier-Gerichten, von der One-Pot-Pasta bis zum Apfelkuchen. Rezepte, die zugleich originell aber auch vertraut und bewährt sind. Und immer mit dem gewissen Ottolenghi-Twist. Weiter zur Rezension:    Comfort von Ottolenghi und Helen Goh

Rezension - Der Junge, der Katzen malte von Lafcadio Hearn und Anita Kreituses

  Ein Bilderbuch, in das man sich sofort beim ersten Durchblättern verliebt, ohne den Text gelesen zu haben. Und das liegt an den eindrucksvollen Illustrationen von Anita Kreituses. Es war einmal ein Junge, klug, klein und zierlich, der jüngste Sohn einer armen Bauernfamilie. Ständig malte er Katzen. Seine Eltern gaben ihn als Altardiener in den Tempel zur Ausbildung, weil sie meinten, der Junge sei für die schwere Hofarbeit nicht geeignet. Er war aufmerksam und fleißig, und er malte viel, aber immer nur Katzen und das überall. Dem Priester ging er damit auf die Nerven und er schickte ihn fort. Ein Kinderbuch, das jeden Katzen- und jeden Märchenfan begeistern wird. Japanische Kultur, japanischer Mythos – ein gelungenes Bilderbuch für die Abteilung Lieblingsbuch.  Weiter zur Rezension:    Der Junge, der Katzen malte von Lafcadio Hearn und Anita Kreituses

Rezension - Was ist Künstliche Intelligenz? von Angelika Zahn und Lena Hesse

  Wo sie uns im Alltag begegnet und wie sie funktioniert Was ist eigentlich künstliche Intelligenz? Sie ist ständig um uns herum, ohne, dass wir sie bemerken. Morgens weckt und der Wecker, den wir gestellt hatten, die programmierte Heizung ist bereits hochgewärmt, auf dem Smartphone sind E-Mail, Whatsapp usw. eingegangen, wir spielen unsere Playlist, während die Zahnputzapp das Zähneputzen begleitet und die Rollladen automatisch hochfahren. Das Smartphone erinnert, an die Hausaufgaben, die einzupacken sind usw. Big Data, Deep Learning, KI, Roboter, Chat, Halo-Effekt, AI, Chatbot, Sprachassistenz, Maschinelles Lernen, Computerprogramme, Neuronale Netze, Datenschutz, Programmieren, Internet verständlich für Kinder ab 8 Jahren erklärt, mit allen Vorteilen und Tücken. Empfehlung!  Weiter zur Rezension:    Was ist Künstliche Intelligenz? von Angelika Zahn und Lena Hesse

Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada

Am 08.11.2019 war ich zu einer Mischung aus Lesung und Definition des Begriffs Kriminalliteratur in St. Gallen in der Wyborada zu Gast, im Literaturhaus & Bibliothek in St. Gallen in der Frauenbibliothek und Fonothek Wyborada. Else Laudan sprach zum Thema Kriminalliteratur, erzählte ihren Weg mit ihrem freien Verlag Ariadne, ein Verlag, der ausschließlich literarische Kriminalliteratur von Frauen veröffentlicht. Weiter zum Artikel:    Was ist eigentlich Kriminalliteratur? - Ein Abend mit Else Laudan in der Wyborada 

Rezension - Sinnlos von Thomas Michael Glaw

  Eine Frau wird von einer Armbrust erschossen. Der Münchner Kriminalrat Benedict Schönheit und sein Team bearbeiten den ungewöhnlichen Mordfall. Die junge Deutsche, die aus dem Libanon stammt, hatte das Elternhaus verlassen, da sie einen Mann heiraten sollte, der ihr nicht gefiel und war zunächst in Köln, dann in München untergetaucht. Ein Ehrenmord liegt nahe – aber auch im privaten Umfeld geraten Verdächtige in den Focus des Ermittlerteams. Sprachlich konnte mich der Krimi auf keiner Ebene überzeugen. Keine Empfehlung. Weiter zur Rezension:     Sinnlos von Thomas Michael Glaw

Rezension - Das Gemüsekisten-Kochbuch von Stefanie Hiekmann

  Saisonal kochen das ganze Jahr. 100 Rezepte, über 300 Varianten Gemüse satt - das ganze Jahr, möglichst regional! Mit über 100 alltagstauglichen Gemüserezepten und unzähligen Tausch-Optionen begeistert dieses Kochbuch nicht nur Gemüsekisten-Fans. Die Kapitel sind nach Monaten aufgeteilt, die Saisongemüse aufgezählt. Ob knusprige Rösti aus Kartoffeln und schwarzem Rettich, gebratener Rhabarber mit Ziegenkäse oder Wirsing-Pasta mit Nussbröseln. Stefanie Hiekmann zeigt, wie man das Beste aus seiner Gemüsekiste herausholt, alles verwertet und saisonale Schätze haltbar macht. Einfach, nachhaltig, gesund und lecker! Die Rezepte sind einfach, also für Anfänger optimal, für den versierten Koch voller Anregungen. Absolute Empfehlung! Weiter zur Rezension:    Das Gemüsekisten-Kochbuch von Stefanie Hiekmann