Rezension
von Sabine Ibing
Die Tote im Sturm - August Strindberg ermittelt
von Kristina Ohlsson
Gleich vorweg, das ist so ziemlich der langweiligste Krimi, den ich je gelesen habe. August Strindberg ermittelt - aha. Nur komischerweise hat er bis zur letzten Seite nichts ermittelt. Ich frage mich überhaupt, warum diese Figur so massiv im Vordergrund steht! Nach 150 Seiten Langeweile habe ich quergelesen. Bis zum bitteren Ende kam keine Spur Spannung auf. Sollte jemand Einschlafprobleme haben, dann empfehle ich dieses Buch. Zu Beginn tobt ein Sturm und Agnes Erikkson sagt ihrem Mann, sie will nachsehen, ob das Boot gut vertaut ist. Der Lesende weiß, sie will irgendwo anders hin. Danach verliert sich ihre Spur, die Polizei ist ratlos, die Frau bleibt verschwunden.
Strindberg will einen Trödelladen eröffnen
Parallel zieht August Strindberg in den kleinen Ort Hovenäset. Der ehemalige Finanzberater hat genug Geld auf der Kante und will nun sein Leben geruhsam weitergehen lassen, einen Trödelladen eröffnen. Dazu hat er sich ein Bestattungsinstitut gekauft, das er umgestalten wird. Ebenso hat er ein Haus gemietet – von dem er nicht weiß, dass hier vor langer Zeit eine junge Frau getötet wurde und niemand in dem «Eishaus» wohnen möchte. Die gesamten 544 Seiten ist August damit beschäftigt, Handwerker für seinen neuen Laden zu organisieren, Leute zu besuchen, die sich auf seine Anzeige hin melden, Trödel zum Verkauf anbieten. Und er ist die Hauptfigur!
So sieht Polizeiarbeit garantiert nicht aus!
Maria und ihr Kollege Ray-Jay ermitteln in dem Vermisstenfall. War es ein Unglück, ist Agnes im Sturm ins Wasser gefallen und ertrunken? Hat sie jemand entführt (völlig absurd) oder wurde sie getötet? Es gibt keine Spur von ihr oder ihrer Leiche. Vielleicht wollte sie auch nur abhauen von diesem öden Ort. Völlig unlogisch ist es für mich, dass Maria und ihr Team wochenlang mit der Ermittlung beschäftigt sind, da es erst spät einen kleinen Hinweis, dass eventuell ein Verbrechen vorliegen könnte. Hat die beliebte Lehrerin vielleicht doch mit irgendwem im Streit gelegen, vielleicht mit dem Ehemann? Hier wird gestochert und gebohrt, um irgendetwas Negatives herauszubekommen. Immer wieder werden die gleichen Örtlichkeiten besucht. Und plötzlich findet Maria die Verpackung eines Kondoms in einem Bootshaus, wo doch die Spusi hier sehr genau gearbeitet hat. Oh Schreck, die Verpackung eines Kondoms! Fingerabdrücke von Agnes sind dauf! Und zum 100. Mal wird alles wieder abgesucht, Leute werden befragt. Ein weiterer Strang sind die Auszüge von Marias Tagebuch. Sie hat etwas Unverzeihliches getan. Hier wird um den heißen Brei geredet – schreibt jemand so ein Tagebuch? Trotz allem Drumherumgeschiffe ist dem Leser klar, mit wem Agnes eine Liebschaft hat. Der Krimi schleppt sich, eigentlich passiert nicht viel. Schlechte, nichtssagende Dialoge, die die Geschichte nicht weiterbringen, ein August, der Trödel anschaut, sich mit Handwerkern unterhält, eine Maria, die immer von vorn ermittelt, auf der Stelle tritt, vermutet und vermutet. August kommt durch Zufall am Ende auf die Lösung – ein Handwerkerproblem. Aber er hat sich während der ganzen Zeit nicht für den Fall interessiert, hat nicht ermittelt. Trotz Querlesen habe, habe ich mich schrecklich gelangweilt. Polizeiarbeit an der Realität vorbei, ein ganzer Trupp Polizisten, die anscheinend sonst nichts zu tun haben, als wochenlang nach einer Vermissten zu suchen, die im Sturm verschwand. Und wieso eröffnet jemand in einem sehr kleinen Ort einen Trödelladen, hat noch nicht mal Verkaufsobjekte dabei? Unlogik über Unlogik.
Auch sprachlich und stilistik kann der Krimi nicht überzeugen
Selbst sprachlich konnte mich das Buch nicht überzeugen. Schlechte, lange Dialoge, banale Sprache und schlechte Stilistik. «Sein Blick war schwarz vor Wut.» oder «Isaks Augen wurden zu schwarzen Strichen.» Und «Marias Handflächen waren glitschig vor Schweiß.», das im Spätherbst ... Immer wieder solche Sätze, die mich hochschrecken ließen. Summa summarum: ein Krimi, der in allen Belangen bei mir durchgefallen ist.
Spoiler: Eine Zeit später findet August eine Mail von Agnes (abgesand vor ihrem Verschwinden) in seinem zweiten Mailaccount, den er selten benutzt: Agnes bietet ihm Möbel an, sie will wegziehen, hat gehört, er mache einen Trödelladen auf. Unlogisch! Wie hätte sie wissen können, was August mit dem Laden anfangen will. Und zweitens, sie wohnt mit ihrem Ehemann in einem Haus. Wieso will sie Möbel verkaufen, wenn sie geht?
Kristina Ohlsson, Jahrgang 1979, arbeitete im schwedischen Außen- und Verteidigungsministerium als Expertin für EU-Außenpolitik und Nahostfragen, bei der nationalen schwedischen Polizeibehörde in Stockholm und als Terrorismusexpertin bei der OSZE in Wien. Mit ihrem Debütroman »Aschenputtel« gelang ihr der internationale Durchbruch als Thrillerautorin, gefolgt von »Tausendschön«, »Sterntaler«, »Himmelschlüssel«, »Papierjunge« und »Sündengräber« – allesamt Fälle des bewährten Ermittlerteams Fredrika Bergmann und Alex Recht. Mit dem eigenwilligen Anwalt Martin Benner schuf Ohlsson einen unvergleichlichen neuen Protagonisten, der in ihren internationalen Bestsellern »Schwesterherz«, »Bruderlüge« und zuletzt »Blutsfreunde« ermittelt.
Die Tote im Sturm
August Strindberg ermittelt (1)
Aus dem Schwedischen von Susanne Dahmann
Originaltitel: Stormvakt (August Strindberg 1), 2020
Krimi, Schwedenkrimi, Kriminalliteratur, Schweden, Hovenäset
Paperback , Klappenbroschur, 544 Seiten
Limes Verlag, 2022
Krimis und Thriller
Ich liebe Krimis und Thriller. Natürlich. Spannend, realistisch, gesellschaftskritisch oder literarisch, einfach gut … so stelle ich mir einen Krimi vor. Was ihr nicht oder nur geringfügig bei mir findet: einfach gestrickte Krimis und blutrünstige Augenpuler.
Krinis und Thriller
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