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Die Legende von Frostherz - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing



Die Legende von Frostherz 


von Jamie Littler

Die Reise beginnt (1)


Der Anfang: 

Eigentlich hätten sie nicht draußen auf dem Schnee sein sollen. 

‹Der Schnee versteckt den Tod›, sagte man im Volk der Feura – nur eine von vielen fröhlichen Redewendungen, die sie ihren Kindern beibrachten, sobald diese alt genug waren, es sich zu merken. Und aus gutem Grund. Der Schnee war ein tödlicher Ort.

Doch der Ball lag so nah.

Quälend nah, trotzdem hätte er ebenso gut eine Million Kilometer weit weg sein können. Ein dunkler Punkt inmitten der endlos weißen Ebene. Schweigend blickten die vier Kinder ihn an. Sie rührten sich nicht. Sie trauten sich nicht. Jeder von ihnen war angespannt und bereit, beim geringsten Geräusch wegzurennen.




Gleich vorweg, dieser spannende Kinderroman hat mich völlig begeistert. Ein Fantasyroman nach dem Prinzip der Heldenreise angelegt, bringt uns in eine eiskalte Welt. Die Menschen müssen sich nicht nur vor der Kälte fürchten, vorsichtig sein, wenn sie sich draußen aufhalten, noch mehr fürchten sie die Leviathane. Es sind dinosaurierartige Monster, Laurer, Vulpis und Mursus, die es auf Menschen abgesehen haben. Man lebt in kleinen Dörfern, die weit voneinander entfernt liegen lediglich von den handelnden Pionieren besucht, die Neuigkeiten aus der Welt mitbringen. Diese Dörfer sind Festungen, gut abgesichert, von hohen Zäunen umgeben. Hin und wieder gehen die stärksten Krieger hinaus, um Wild zu erlegen. Ash lebt beim Volk der Feura, dem letzten Außenposten im Norden. Aber er ist nur geduldet, denn seine Eltern hatten ihn dort in Obhut gegeben. Sie sind Klangweber, Menschen, die in der Lage sind, mit den Leviathanen per Gesang zu kommunizieren, sie lenken können. Ein Klangweber kann einen Leviathan zwingen, seinen Kampf aufzugeben – doch wenn die dunkle Seite sie bemächtigt, können sie die Tiere nutzen, um gegen Menschen vorzugehen. Aus diesem Grund hat man schreckliche Angst vor den Klangwebern und jede Art von Gesang ist in Feura verboten. Sollte Ash jemals singen, mit den Leviathanen Kontakt aufnehmen, werden die Feura ihn verstoßen.  


Wie eine Sternenschuppe schoss die Frostherz durch das Schneemeer. Sie fuhr über eine Bodenwelle, sodass Ash prompt von den Füßen gerissen wurde und hart aufs Deck knallte.



Ihr ahnt, was passiert? Vor den Toren von Feura wird die Frostherz, ein Pionierschiff auf Kufen, von den Leviathanen angegriffen. Die Besatzung ist nicht mehr zu retten. In Ash wühlt es; er muss singen, sein Inneres nötigt ihn dazu. Und so singt es aus ihm heraus. Er kann die Monster zwingen, den Angriff aufzugeben. Die Pioniere sind gerettet. Aber Ash, so beschließen die Bürger, muss Feura verlassen. Sein Vormund, ein riesiger, starker Yeti namens Tobu, will ihn begleiten. Ohne ihn wäre Ash schutzlos. Bei Morgengrauen aber schleicht Ash aus dem Haus, um auf der Frostherz anheuern, er will ohne den Yeti abhauen, denn der ist ein ziemlich strenger Lehrer. 


Die Mannschaft nimmt den Retter gern auf und Ash startet ins Abenteuer, freut sich, dem Yeti entronnen zu sein. Nun wird er sich auf die Suche nach seinen Eltern begeben, sein Wiegenlied wird ihn führen. Doch Tobu ist nicht dumm. Er befindet sich bereits auf dem Schiff. Schon gehen die Unterrichtsstunden wieder los. Die Fahrt wird abenteuerlich, und die Crew unter Kaptein Nuk wird harte Kämpfe gegen die Leviathane durchstehen müssen. Ash freundet sich an Deck mit dem Mädchen Lunah an und mit dem geheimnisvollen Shaard, der ihn vor dem Yeti warnt. Shaard kannte die Eltern von Ash, will ihm helfen, sie zu finden. Doch Tobu wiederum warnt den Jungen vor Shaard. 




Eine Krähe warnt vor Gefahr und Verrat. Und da liegt sie nicht falsch. Ein Abenteuerroman über Freundschaft und Verrat, einen Jungen, der seine magischen Kräfte finden muss, lernen, damit umzugehen, Freund und Feind zu unterscheiden. Das ist das übliche Muster, ziemlich spannend geschrieben in einem Land aus Eis und Schnee. Der Autor selbst hat seine eigenen Illustrationen beigetragen, die mir ebenfalls gut gefallen haben. Im Mangastil gibt es treffende Szenen, wie aus einem Comic, oder auch mal eine Doppelseite als Hingucker. Der Oetinger Verlag gibt eine Altersempfehlung ab 9 Jahren. Dem schließe ich mich an. Empfehlung!


Jamie Littler ist ein britischer Illustrator, der mit der Legende von Frostherz sein Debüt als Autor feiert.. 



Jamie Littler
Die Legende von Frostherz
Originaltitel: Frostheart
Die Reise beginnt  (1,  Trilogie)
Übersetzt aus dem Englischen von Nadine Mannchen
Kinderbuch, Kinderroman, Fantasy, Abenteuerroman
Gebunden, 460 Seiten
Oetinger Verlag, 2021
Altersempfehlung: ab 9 Jahren



Kinder- und Jugendliteratur

Kinder- und Jugendliteratur hat mich immer interessiert. Selbst seit der Kindheit eine Leseratte, hat mich auch die Literatur für Kinder nie verlassen. Interesse privat, später als Pädagogin, als Leserin, als Mutter oder Oma. Kinder- und Jugendbücher kann man immer lesen! Hier geht es zu den Rezensionen.
Kinder- und Jugendliteratur


Fantasy, Fantastic, Dystopien

Hier bin ich leider in letzter Zeit etwas ratlos. In dieser Rubrik wird wenig auftauchen. Leider habe ich das Gefühl, dass hier keine neuen Ideen kommen. Ich mag nicht immer wieder das gleiche Buch in Abwandlung lesen ... Aber auch hier lasse ich mich gern überraschen. Meist findet man unter den Dystopien doch mal was Neues.
Fantasy

 

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