Rezension
von Sabine Ibing
Blutsschwestern
von Ana Wetherall-Grujić
Blut ist dicker als Wasser. Ein Roadmovie zwischen Wien und dem Balkan. Übel zugerichtet muss Ljiljana untertauchen, denn ihr Freund, der sie zusammengeschlagen hat, lebt nicht mehr. Ihre Schwester Sanja holt sie aus dem Krankenhaus, setzt sie ins Auto und fährt los, damit Ljiljana in der alten Heimat Serbien untertauchen kann. Die «Hexe» soll weiterhelfen, die damals der Mutter geholfen hat, aus Serbien abzuhauen. Mit der schwer verletzten Ljiljana sitzt Sanja erstmal im Haus der alten Frau fest. Aber schon haben sie neue Probleme an der Backe: Sie geraten in eine Fehde zwischen der Mafia-Patin und ihren Widersachern, werden plötzlich selbst bedroht. Wollen sie sich das gefallen lassen?
Dreißig Jahre später gibt es die Flucht der Töchter zurück in die Heimat
Vor ein paar Minuten hatte sie beim wöchentlichen Meeting ihre Zahlen präsentiert. Ergebnisse, die die Besten in ihrem Team waren. Statt sie zu loben, hatte Philipp ihr gesagt, dass sie auf die Formatierung ihrer Wochenreports achten solle. Sie hatte nur genickt. Es ging schon um den nächsten Agendapunkt.
Gerade kommt Sanja aus dem Meeting, als der Hilferuf der Mutter sie telefonisch erreicht: Du musst deiner Schwester helfen, komm ins Krankenhaus! Eine Gesichtshälfte Ljiljanas zeigt sich nur noch als blutige Fleischmasse. Und dann hat sie den Typ in ihrer Not abgestochen. Ljiljana muss verschwinden! Schnörkellos und mit bitterbösem Humor erzählt Ana Wetherall-Grujić von Schwesternschaft, Heimat und kaltblütiger Rache. Zwei Schwestern, die sich lange nicht gesehen haben, nichts zu sagen hatten, können sich im Zweifelsfall doch aufeinander verlassen. Ein Roadmovie in die Vergangenheit mit «Tarantino-Schwestern»; denn Männern, die sie bedrohen, bekommt das nicht gut. Der zweite Strang: Die Mutter, Milena, eine Serbin wandte sich im Jahr 1989 an Nikolina Javanovic, die sie nach Österreich bringen sollte. Denn Milena war schwanger vom Sohn des Imam Salih – was ihr den Kopf hätte kosten können; Abtreibung war für sie keine Option. Dreißig Jahre später gibt es die Flucht der Töchter zurück in die Heimat; Dreh- und Angelpunkt ist wieder Nikolina Javanovic.
Frauen, die genauso gewalttätig reagieren
Hier geht es um Gewalt von Männern gegen Frauen – Frauen, die sich das nicht bieten lassen. Es sind auch die kleinen Nebenstränge, Sanja, die Beste im Jahrgang, die Beste im Job, die von Männern, denen sie überlegen ist, trotzdem kleingehalten wird durch die Bruderschaft. Oder Milena, die serbischen Männer umbringen werden, wenn sie erfahren, dass sie von einem Muslim schwanger ist. Gewalt durch Männer. Frauen, die genauso gewalttätig reagieren, wenn sie bedroht werden. Ein spannender Kriminalroman mit kuriosem Ende. Empfehlung!
Kurz vor Kriegsbeginn in Jugoslawien geboren, wuchs Ana Wetherall-Grujić in Tirol auf. Nach Umwegen über Graz und Wien lebte sie fünf Jahre lang als Journalistin in Berlin. Ihre Arbeit fokussierte sich auf die Menschen am Rand und erschien unter anderem bei ze.tt, bento und VICE. 2023 erschien mit „Das Baby ist nicht das verdammte Problem“ (Kremayr & Scheriau) ihr erstes Sachbuch zu moderner Elternschaft. „Blutsschwestern“ ist ihr erster Roman, der gleich auf der Shortlist zum Rauriser Literaturpreis 2025 steht.
Kriminalroman, Kriminalliteratur
Hardcover, 192 Seiten
Kremayr & Scheriau
Blutsschwestern
Kriminalroman, Kriminalliteratur
Hardcover, 192 Seiten
Kremayr & Scheriau Verlag, 2024
Krimis und Thriller
Ich liebe Krimis und Thriller. Natürlich. Spannend, realistisch, gesellschaftskritisch oder literarisch, einfach gut … so stelle ich mir einen Krimi vor. Was ihr nicht oder nur geringfügig bei mir findet: einfach gestrickte Krimis und blutrünstige Augenpuler.
Krinis und Thriller
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