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Deadly Game - Die Abrechnung von Michael Caine - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing





Deadly Game - Die Abrechnung 


von Michael Caine


‹Hallo? - Ja. Die Polizei. Danke.› Er wartete, bis er verbunden wurde. ‹Ja, hallo, ist da die Polizei? Hi, mein Name ist Drayton. David Drayton. Ich arbeite auf der Mülldeponie von Stepney. - … Mein Kollege und ich haben auf dem Gelände einen Gegenstand gefunden, der ... nun ja, in keinem Inventar steht und für den keiner von uns zuständig ist. Auch nicht die örtliche Behörde. Ehrlich gesagt, uns bereitet das Objekt ein wenig Kopfzerbrechen. - Nein, keine Ahnung. Es sieht aus, als wäre es irgendwas ... Wissenschaftliches oder was auch immer. - … Es ist ... nun, das Ding sieht aus, als könnte es gefährlich sein, denke ich mal. - Was? - Nein. Nein, keiner von uns fühlt sich unwohl.

Auf einer Müllkippe in Ostlondon wird eine Metallkiste mit radioaktivem Material gefunden. Aber die sofort herbeigerufene Polizei kommt zu spät: Bevor die Beamten eintreffen, wird die Kiste bei einem brutalen Überfall geraubt. Von der ersten Seiten an ein actiongeladener Thriller gleich einem Drehbuch für einen Blockbuster, eine typische Heldenreise – ist ja auch von einem erfolgreichen Hollywood-Schauspieler geschrieben. Tiefe darf man hier nicht erwarten – aber gute Unterhaltung. 


Alle Bösewichtskarten auf einmal gezogen


Harry hasste auch den Ausdruck ‹Bulle der alten Schule› - vor allem, wenn er auf ihn angewandt wurde, was bei der Met oft passierte. Und nein, er hielt Polizeibeamte nicht für Sozialarbeiter oder Kommunalpolitiker. Ihr Job war die Strafverfolgung, schlicht und einfach. Sie waren keine Therapeuten.


Die Geheimdienste ziehen die Sache sofort an sich, doch DCI Harry Taylor und Iris ermitteln natürlich eigenständig auf ihre unorthodoxe Weise. Gleich anfangs wird das gesamte Team um Harry vorgestellt, altbekannte Muster, gängige Krimihelden. Natürlich sind alle Frauen optische Leckerbissen. 
Als eine Bombe detoniert, wird es brenzlig. Drogenkartellen, russische Oligarchen, englischen Nazi-Hooligans kämpfen um Machtpotential, wollen an Atomwaffen gelangen; ein kolumbianisches Drogenkartell ist involviert. Was hat ein versnobter Kunsthändler damit zu tun? DCI Harry Taylor rangelt mit dem Geheimdienst um Zuständigkeit und London steht kurz vor der Explosion. Hier werden alle Bösewichtskarten auf einmal gezogen. Gut und böse sind klar und deutlich getrennt, Zeitdruck wird gesetzt, der Personal flitzt durch die Seiten.


Nette Unterhaltung für den Strandkorb


Iris war zweiunddreißig - sechs oder sieben Jahre jünger als John - und gehörte erst seit einem Jahr zu Harrys Team. … Außerdem war sie eine ausgebildete Scharfschützin. Laut ihrer Ausbilder ein Naturtalent auf dem Schießplatz. Sie war in der Lage, sich zehn Stunden lang in einem Einsatznest voll und ganz zu konzentrieren, während sie auf das Go in ihrem Ohrhörer wartete, das womöglich gar nicht kommen würde.

Ein schnoddriger Taylor, ein Macho, Typ harte Schale, weicher Kern, der keine Ahnung von moderner Technik hat (vielleicht, weil sein Autor so jemand ist), scheint aus dem letzten Jahrhundert hereingebeamt, als solche Haudegen noch in waren: «in gebügelten Levis 501, einem Button-Down-Lauren-Hemd und einer alten Lederjacke gekleidet, die er seit seiner Dienstzeit besaß.» Er hasst Kriminelle im gleichen Maß wie Wellness und die Schreibtischschnösel aus den oberen Etagen. Ein typischer Actionroman, bei dem man nicht nachdenken darf, weil das Konstrukt dann wackelt, weil vieles übertrieben und weit hergehört ist und das ein oder andere nicht stimmig ist. Auch die Ausgestaltung der Figuren geht dabei flöten. Irgendwie haben wir solche Geschichten bereits mehrfach gelesen, im Kino geschaut. Dank überraschenden Wendungen und Cliffhanger, einiger netter Dialoge, ständiger Actionszenen, ist die Story zumindest spannend – nette Unterhaltung für den Strandkorb. 


Sir Michael Caine wurde sechsmal für den Oscar nominiert und erhielt seinen ersten Academy Award 1986 für den Film »Hannah und ihre Schwestern« und den zweiten 2000 für seine Rolle in »Gottes Werk und Teufels Beitrag«. Er hat in mehr als hundertdreißig Filmen mitgespielt, darunter seine erste große Filmrolle in »Zulu« im Jahr 1964, gefolgt von Filmen wie »Ipcress – Streng geheim», »Get Carter«, »Der Verführer lässt schön grüßen«, »Zwei hinreißend verdorbene Schurken«, »Rita will es endlich wissen« und der Dark Knight-Trilogie. Zu den jüngeren Filmen gehören »Harry Brown«, »Ein letzter Job« und »Kingsman«. In Anerkennung seiner Verdienste um das Kino wurde er 1992 zum Commander of the Order of the British Empire (CBE) ernannt und im Jahr 2000 zum Ritter geschlagen. Im Jahr 2023 feierte er seinen 90. Geburtstag. Er ist seit mehr als 50 Jahren mit Shakira Caine verheiratet, hat zwei Töchter und drei Enkelkinder und lebt in London.




Michael Caine
Deadly Game - Die Abrechnung 
Originaltitel: ‎Deadly Game
Aus dem Englischen übersetzt von Wolfgang Thon 
Kriminalliteratur, Kriminalroman, Thriller, Englische Literatur
Hardcover mit Schutzumschlag, 352 Seiten
Limes Verlag, 2024







Krimis und Thriller

Ich liebe Krimis und Thriller. Natürlich. Spannend, realistisch, gesellschaftskritisch oder literarisch, einfach gut … so stelle ich mir einen Krimi vor. Was ihr nicht oder nur geringfügig bei mir findet: einfach gestrickte Krimis und blutrünstige Augenpuler.
Krinis und Thriller

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