Rezension
von Sabine Ibing
Eulennacht - In den Bäumen von Redmoor
von Ruth Rahlff
Der Anfang: Ich drückte mich in die Nische neben dem Fenster und starrte auf die schwarze Fläche vor mir. Der Boden bestand aus Holzdielen, doch jetzt im Mondschein sah er aus wie ein stiller See, aus dem die Vitrinen wie Baumstümpfe ragten.
Literatur für Kinder ab elf, so könnte man diesen Roman bezeichnen, denn Ruth Rahlff schreibt mit allen Sinnen, bildhaft und dabei noch spannend. Die dreizehnjährige Ruby darf die Sommerferien in Redmoor Garden bei ihrem Onkel, Leo, in Cornwall verbringen. Die Schönheit des geheimnisvollen Gartens kennt sie bisher nur von einer Postkarte. Gleich nach ihrer Ankunft wird ihr eine Kindergruppe aufs Auge gedrückt, eine Kinderrally durch den Garten. Ruby erhält den Plan und, auf geht es. Wer wird schneller sein? Ihre Gruppe oder die von Paul – der es in Kürze geschafft hat, ihr völlig unsympathisch zu sein. Ein riesiger Park, der seit 60 Jahren nicht mehr gepflegt wurde, geheimnisvoll, mit interessanten Ecken – und natürlich, man kann sich darin verlaufen.
Der Küstenpfad wand sich die Klippen entlang. Er war so schmal, dass ich aufpassen musste, wohin ich die Füße setzte, denn links ging es steil hinunter. Auf der anderen Seite wuchsen stachelige Büsche mit winzigen gelben Blüten. Es roch irgendwie vertraut, aber wonach? Leo pflückte eine der Blüten und hielt sie mir unter die Nase.
‹Na, was ist es?›
Ich sog den süßen Duft ein und nun erkannte ich es. Ich liebe Kokos!
Er lächelte. ‹Hier wächst überall Ginster und der riecht tatsächlich nach Kokos.›
Redmoor ist nicht unbedingt das romantische Paradies, das sich Ruby vorgestellt hatte. Die jahrelang verwilderten Gartenteile werden ihr zunehmend unheimlich. Ihre Liebe gilt einer kleinen Eule, einem Waldkäuzchen, das anscheinend aus dem Nest gefallen ist. Kann Ruby es schaffen, dass diese Eule überlebt? Lass der Natur ihren Lauf, meint Paul dazu – herzlos und knurrig, warm wird sie mit dem nicht werden. Plötzlich werden in Redmoore Menschen von Eulen angegriffen. Schnell werden Stimmen laut, die Maßnahmen gegen die Wildvögel verlangen. Was passiert hier?
Rubys wird durch die Jobs Eltern zu Umzügen gezwungen: Neue Schulen, warm werden, gewöhnen. Hat sie sich eingewöhnt, geht es schon weiter. Remoor schien ihr ein Zufluchtsort, hier arbeitet Onkel Leo, zu dem sie ein enges Verhältnis hat. Doch der scheint mehr an dem Jungen Paul interessiert zu sein, der bei seiner Großmutter in einem Haus am Meer lebt, weil auch sein Vater auch beruflich dauernd unterwegs ist. Ein Konkurrenzverhalten bahnt sich an zwischen den Jugendlichen. Redmoor Garden steht vor Geldproblemen, es soll zur Touristenattraktion ausgebaut werden. Doch für das Anlegen von begehbaren Wegen und die Restauration der schönen Plätze benötigt man Kapital. Eine vielschichtige Geschichte, bei der leider das Thema Eulen ein wenig verlorengeht. Man erfährt nicht viel über die Tiere. In der Mitte hätte der Plot ein wenig mehr Drive gebraucht, hier zieht er sich, bricht ein wenig ein – doch man wird mit einem packenden Abschluss belohnt. Mir gefällt die Art des Schreibens von Ruth Rahlff. Sie schafft es, Atmosphäre zu schaffen, alle Sinne anzusprechen. Das ist absolut ihre Stärke – ebenso die spannenden Momente in Szene zu setzen. Und wer sich beim Lesen verläuft, für den gibt es im Buchdeckel eine Karte. Doch Vorsicht, das Gelände ist von Dickicht durchzogen! Mit der Altersempfehlung des Magellan Verlags, ab 11 Jahren, gehe ich mit.
Den grünen Daumen hat Ruth Rahlff nicht gerade, dafür besucht und bewundert sie aber sehr gern schöne Gärten und Parks. In ihrem eigenen Garten wächst zum Glück alles ganz von selbst. Seit 2004 ist sie als freie Autorin und Lektorin tätig. Im vergangenen Jahr absolvierte sie die „Akademie für Kindermedien“ in Erfurt. Eulennacht ist ihr erster Roman für ältere Leserinnen und Leser.
Eulennacht - In den Bäumen von Redmoor
Ruth Rahlff
Jugendbuch
Hardcover, 320 Seiten
Magellan Verlag
ab 11 Jahren
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