Rezension
von Sabine Ibing
Stummer Schrei
von Arne Dahl
Gesprochen von: Peter Lontzek
Ungekürztes Hörbuch, Spieldauer: 11 Std. und 48 Min.
Der erste Satz:
‹Das da vorne muss eine Frau sein. Hundertpro›, denkt er wütend und tritt aufs Gaspedal.
Erst trifft es einen Konzernboss in der Stahlindustrie, dann einen Marketingmanager im Dienst der Autolobby: In Schweden töten selbstgebaute Bomben zwei Menschen, bevor der Attentäter Kontakt mit der Polizei aufnimmt und mit weiteren Anschlägen droht, die zu einem Desaster werden könnten. Einer dieser selbsternannten Klimaaktivisten scheint sich in seinen Briefen an die Polizei sprachlich zu enttarnen, wenn er von Sünde, heiligem Zorn und Rache redet. Das alles weist auf den Sprachduktus des ehemaligen Polizisten Lukas Frisell hin, der im Wald seit Jahren als Prepper lebt.
Frisell führt die Polizisten an der Nase herum
Doch Eva Nyman, Kriminalkommissarin und Chefin eines eingeschweißten kleinen Teams, der Spezialeinheit NOVA, ahnt, dass mehr hinter den skrupellosen Taten steckt. Ist Frisell, ihr ehemaliger Vorgesetzte, wirklich der «Terrorbomber»? Das Team und auch andere Polizeieinheiten arbeiten auf Hochtour, um weitere verheerende Anschläge zu verhindern. Sie können Frisell fassen, doch der schwört, damit nichts zu tun zu haben. Er bekommt eine Fußfessel verpasst, mit der man ihn orten kann, und er soll mithelfen, die oder den Terroristen zu finden. Frisell jedoch führt die Polizisten an der Nase herum, kann entwischen. Obwohl er mit digitalen Technologien nichts am Hut hat, kann er die Fußfessel knacken und ebenso sein Handy; er muss Helfer gehabt haben. Die Jagd auf ihn ist eröffnet!
Als Gesamtpaket zu wenig Inhalt und zu realitätsfern
Ein großartiger Krimischriftsteller – so sagt man. Lesbarer Mainstream, sage ich. Die Spannung ist recht flach, steigert sich erst zum Ende, und inhaltlich hat der Roman wenig zu bieten, alles schon zig Mal gelesen. Für mich ist die gesamte Story nicht glaubwürdig, überzeichnet in der Dimension, die Gründe für die Attentate psychologisch nicht nachvollziehbar. Was mich nervte, sind die Supercops, die das Gras wachsen hören, superschlau analysieren und sofort auf die richtige Lösung kommen, supersportlich mit vollem Einsatz und Treffsicherheit agieren. Das gilt auch für den alten Frisell. Ein Multikultiteam unter der Leitung einer Frau, Thema Klimaaktivisten; brav ganz Mainstream. Auf Action getrimmt, was merkwürdigerweise trotz allem keine hohe Spannung aufkommen lässt, denn erst das Ende zieht an. Plakativ gesetzt und das alles durchsichtig ohne unerwartete Wendungen – vielleicht ist es das, was diesen Krimi so unattraktiv macht. Man weiß instinktiv am Anfang ob Frisel schuldig ist, oder nicht und wie es für ihn enden wird, ebenso für andere Antagonisten – und das wird bestätigt. Alles Chema F. Als Film mag das funktionieren – aber als Krimi war es mir als Gesamtpaket zu wenig Inhalt und zu realitätsfern.
Arne Dahl, Jahrgang 1963, hat mit seinen Kriminalromanen um die Stockholmer A-Gruppe eine der weltweit erfolgreichsten Serien geschaffen. International mit zahlreichen Auszeichnungen bedacht, verkauften sich allein im deutschsprachigen Raum über über zweieinhalb Million Bücher. Sein Thriller-Quartett um die Opcop-Gruppe mit den Bänden „Gier“, „Zorn“, „Neid“ und „Hass“ wurde ebenfalls zum Bestseller. Mit „Sieben minus eins“ begann Arne Dahl 2016 eine brillante neue Reihe um das Ermittlerduo Berger & Blom, dessen Bände jeweils monatelang auf der SPIEGEL-Bestsellerliste standen. Zusammen mit Simon Beckett wurde er 2018 mit dem Ripper Award geehrt. Zuletzt erschien mit „Null gleich eins“ das furiose Finale. 2018 wurde Arne Dahl zusammen mit Simon Beckett mit dem Ripper Award ausgezeichnet. Vom Literaturwissenschaftler Jan Arnald zum Krimiautor Arne Dahl: Dahl beginnt in Stockholm zu studieren und promoviert in Literaturwissenschaften. Dann fällt die Berliner Mauer, bricht der Kommunismus zusammen, und damit wandelt sich auch die Gesellschaft in Schweden. «Plötzlich kamen Menschen aus den Krisenregionen der Welt und aus Osteuropa nach Schweden, was unsere offene Gesellschaft gravierend verändert hat», erzählt Dahl, „und ich suchte einen Weg, diese Veränderungen aufzugreifen und literarisch umzusetzen.“ Der erste Schritt: Aus dem Literaturwissenschaftler Jan Arnald wird das Alter Ego Arne Dahl, der Krimiautor. Der nächste: sein erster Kriminalroman «Misterioso», in dem erstmals das A-Team um Paul Hjelm nach einem Mörder fahndet.
Stummer Schrei
Eva Nyman ermittelt 1
Aus dem Schwedischen übersetzt von Kerstin Schöps
Gesprochen von: Peter Lontzek
Ungekürztes Hörbuch, Spieldauer: 11 Std. und 48 Min.
Krimi, Kriminalroman, Kriminalliteratur, Schwedische Literatur, Polizeikrimi
TIDE exklusiv, Audible, 2023
Piper Verlag, 2023, 464 Seiten

Krimis und Thriller
Ich liebe Krimis und Thriller. Natürlich. Spannend, realistisch, gesellschaftskritisch oder literarisch, einfach gut … so stelle ich mir einen Krimi vor. Was ihr nicht oder nur geringfügig bei mir findet: einfach gestrickte Krimis und blutrünstige Augenpuler.
Krinis und Thriller
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