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Krimis schreiben von Patrick Baumgärtel - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing




Krimis schreiben 


von Patrick Baumgärtel


In unserem Krimi sollten zwei Nebenkonflikte und ein Hauptkonflikt die Musik angeben. Bei dem Hauptkonflikt geht es immer um etwas Dramatisches und Essentielles, das spannend zu lesen ist und berührt: um Macht, Geld, verletzte Gefühle oder Liebe und deren Verbindung.

Dieser Schreibratgeber wendet sich an Krimischreiber. Aber letztendlich ist es eine grundsätzliche Hilfe für alle Jungautoren. Das Buch beginnt mit einer Erklärung des Genre Krimi und seinen vielen Subgenren. Wie plottet man? Hier werden verschiedene Methoden vorgestellt. Wichtig ist beim Krimi das «Schnitzeljagdprinzip». Who-dunnits wird Why-dunnits entgegengestellt. Kurz wird der Dreiakter umrissen, ein wenig aufgepeppt mit Chandler und die Szenenplanung. Hier wird ein tabellarischer Plan vorgestellt, mit dem manche Autoren arbeiten.

Figuren sollen nicht bewertet werden, sondern nur gezeigt werden. Der Erzähler sollte also nicht schreiben: ‹Sophia war klug, sympathisch und immer zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle› oder ‹Sophia war dumm, abartig und gemein›. Der Erzähler hat nicht die Aufgabe zu bewerten. Es ist am Leser, diese Bewertung auf der Basis der Handlungen der Figuren zu übernehmen.

 Glaubhafte Figuren aufstellen





Für die Aufstellung von Figuren nimmt sich Patrick Baumgärtel viel Zeit, und das ist auch gut so. Er zeigt einen kurzen tabellarischen Figurenaufriss, und er rät zusätzlich zu einem ausgefeilten Lebenslauf, was bei Hauptpersonen anzuraten ist. Ganz kurz wird das Beziehungsdiagramm erwähnt. Hier hätte ich mir ein visuelles Beispiel gewünscht, um das zu verdeutlichen. Es gibt eine Menge über Charaktere zu lesen: Helden, Antihelden, Macken, Ticks, Abhängigkeiten, Achillesfersen. Es wird die Rolle des Altruisten erklärt, das «Robin-Hod-Prinzip» und das moralische Gewissen – eine wichtige Möglichkeit im Krimi. Patrica Highsmiths «Zwei-Ideen-Theorie» wird vorgestellt. «Fragen Sie Ihre Figuren!», um sie zu verstehen, fordert der Autor auf und liefert dazu einige Fragen. Die sind mir ein wenig flach geraten, denn man dringt nicht wirklich tief in den Charakter, wenn ich nach Liebligsfarben, -songs, -blumen, -autoren, -vögel frage.

Anfängerwissen kurz angerissen

Unterschätzen Sie die Orte nicht!

Weiter geht es zum Thema Setting. Es folgt die Perspektive. Leider wird auch hier von Erzählperspektive gesprochen. Die Perspektive ist eine optische Einstellung: Wessen Augen sehen und berichten uns? Das Kapitel ist wirklich etwas für laue Anfänger, nicht tiefgreifend, einfachstes Wissen, das Gleiche gilt für das Tempus. Dialoge, Recherche, kleine Tricks und Publishing.

Wo bleibt das Krimihandwerk?

Was mir fehlte? Vieles, was letztendlich den Krimi ausmacht! Säen und ernten, die Informationspolitik im Krimi, Suspense (Foreshadowing, die verschiedenen Cuts, die tickende Bombe, die Granate, red Herrings usw.). Klar, es wird über Spannung geschrieben, doch recht allgemein.Für wen also ist dieses Buch geeignet? Wer keine Ahnung vom Schreiben hat und einen Plan für einen Krimi im Kopf trägt, den er niederschreiben möchte, ist dieses Buch gut geeignet. Anfänger werden eine Menge mitnehmen können, besonders zur Entwicklung von Charakteren und Storys. Wer allerdings versiert im Schreiben ist, überlegt, sich an einen Krimi heranzutasten, dazu Fachwissen sucht, der wird enttäuscht sein.


Patrick Baumgärtel studierte Germanistik und promovierte im Anschluss daran mit einer Arbeit über das Schreiben von W.G. Sebald. Es folgten Stationen im Lektorat von C.H. Beck und bei der amerikanischen Literaturagentur S.J. Greenburger (New York). Im Sommer 2009 gründete er die Schoneburg. Literaturagentur in Berlin.


PATRICK BAUMGÄRTEL   
Krimis schreiben
Sachbuch, Ratgeber, Schreibratgeber
192 Seiten, Hardcover
Autorenhaus Verlag, 2018





Weitere Bücher zum Thema Schreiben:

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Auf dieser Seite findet ihr Bücher, die sich mit dem Schreiben, der Literatur und Themen für die schreibende Zunft beschäftigen.

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