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Ich will Erster sein von Richard Byrne - Rezension

Rezension 

von Sabine Ibing




Ich will Erster sein 

von Richard Byrne


Ein Bilderbuch für die Kleinen – aber nicht nur das – es ist ein Mitmachbuch. Die Kleinen sind immer die Dummen, müssen sich hinten anstellen. So geht auch Eli, dem kleinen Elefanten. Aber »Töröt!«, der ist ja nicht auf den Kopf gefallen. Er hat bereits eine Idee, wie er vorneweg gehen kann – denn die Familie ist auf dem Weg zum Badeloch, Papa führt die Gruppe an. Allerdings benötigt Eli bei seinem Plan ein wenig Hilfe von seinen Lesern. Die müssen zischeln wie die Schlangen, das Buch schütteln, quieken wie die Mäuse, brüllen wie Löwe ... Papa ist eine harte Nuss, die sich nicht knacken lässt. Doch am Ende hat Eli eine blendende Idee, wie man den dicken Elefanten zum Wegrennen bringen kann, der ganz allein das Wasserloch für sich beansprucht. Auf dem Rückweg lässt ihn die Familie Eli nach vorn, denn die Schlausten dürfen vorweggehen.



Ein wundervolles Buch für Kinder. Die Grafik ist einfach zu erfassen, humorvoll und hinreißend gezeichnet. Das ist ein Sommerbuch und es darf natürlich Farbe haben, und trotz aller Farbmacht ist sie dezent eingesetzt, überfordert das Auge nicht. Der Hintergrund kommt ohne Feinheiten aus. Es gibt nur wenig Text und der hat eben Aufforderungscharakter, also ein Buch für die Kleinsten. Die Idee ist super. Und am meisten macht dieses Buch Spaß, wenn es mit eine Gruppe von Kindern gelesen wird, die so richtig ausgelassen sein dürfen. Ely ist ein Schlitzohr, ein kleiner Trickser. Ok, könnte man sagen, wollen wir Kinder dazu erziehen, andere über das Ohr zu hauen? Besser als schubsen! Oder? Zu überlegen, wie man sein Ziel erreicht, nicht aufzugeben – das, so finde ich, ist doch eine tolle Geschichte. Das Ende hat mir gefallen: Eli hat keine Angst vor dem großen, dicken Kerl, seinem Machtgehabe. So mächtig kann er gar nicht sein, wenn er vor einer kleinen Maus davonrennt. Klein sein bedeutet nicht, dass man vor Großen kuschen muss, das ist letztendlich die Quintessenz dieses Buchs. Eins dieser Bilderbücher, die in jeden Kindergarten gehören. Ein Gute-Laune-Buch zum Lärm machen … – das macht so richtig Spaß! Das Bilderbuch ist in seiner gesamten Struktur von Grafik bis Text, auf kleine Kinder ausgerichtet, sodass ich dieses Buch für das Alter (1,5) 2 - 3 Jahre empfehle, die Verlagsempfehlung liegt bei 3-6. Aber sicher machen größere Geschwister gern mit, Grundschulkinder können es den Kleinen gut vorlesen.



Eine kleine Anmerkung an den Verlag: Vorn geht Papa – vorn gehen, bedeutet Führung. Papa ist natürlich der einzige, der nicht auf Elis Tricks hereinfällt. Eli ist ein Junge. Ein Junge trickst alle aus und führt am Ende. Und schon sind wir wieder mittendrin im Ungleichgewicht. Ich wünsche mir, dass gerade die Kinderbuchverlage auf diese Feinheiten achten, beginnend beim Bilderbuch. Bücher legen mit den Grundstein für soziales Verhalten. Eine Mama ganz vorn, unbestechlich oder ein Mädchen am Ende – schon wäre das Buch im Gleichgewicht des modernden Gesellschaftsbildes.

Richard Byrne wurde in London geboren. Nach seinem Kunst- und Grafikdesignstudium arbeitete er lange als Grafiker, ehe er sich selbstständig machte, um seinen Traum zu verfolgen und Bilderbücher zu schreiben und illustrieren. Heute lebt Richard mit seiner Frau, zwei überraschend harmlosen Teenagern und einem leicht übergewichtigen Meerschweinchen an der südenglischen Küste.

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