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Die Mauer von Giancarlo Macrì, Carolina Zanotti, Mauro Sacco und Elisa Vallarino - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing




Die Mauer 

von Giancarlo Macrì, Carolina Zanotti, Mauro Sacco und Elisa Vallarino

Eine Parabel


Es war einmal, als der König sich eines Tages wieder unter das Volk mischte und feststellte, sein Königreich, das einst nur von den Blauen besiedelt war, ist nun bunt besiedelt. Er lässt eine Mauer bauen, doch dazu benötigt er die Roten, was solls. Der Rest lebt auf der anderen Seite. Aber schnell fehlen die Grünen, denn der König möchte sich Gärten anlegen. Jetzt fehlen die Grauen, denn sie können die besten Straßen bauen. Und so geht es weiter, bis sich der König fragt, wer diese blöde Mauer hat bauen lassen – und er lässt sie wieder einreißen.



Wunderschön plastisch steht mitten im Buch eine sichtbare, ertastbare Wand ab dem Mauerbau, die auf den letzten Seiten wieder verschwindet. Man mag meinen, hier ginge es um die Vermischung von Ethnien. Es ist eine Parabel. Letztendlich geht es um das Problem, sich über andere zu erheben, sich als etwas besseres zu betrachten. Ethnische Gruppen, Kulturen und Religionen sind die eine Sache. Aber das Thema greift viel weiter: Was kannst du für die Gemeinschaft einbringen? Was machen andere? Jeder ist gleichwertig. Ob Arzt, Abfallbeseitigungsmitarbeiter, Beamter, Lehrer, Paketbote, jeder bringt etwas für die Gemeinschaft ein und ohne den anderen wäre das Leben schwierig. Respekt gegenüber anderen, Ausgrenzung ist schlecht. Jeder Mensch ist eine individuelle Person unter verschiedenen Aspekten in diverse Schachten zu verfrachten: Herkunft, Hautfarbe, Religion, Schulbildung, Geschlecht, soziale Gruppen, Beruf und vieles mehr. Letztendlich ist jeder Mensch eine Schnittmenge von diversen Untergruppen und an sich schon bunt. Erst wenn Ideen, Wissen und Lebensarten kreativ ausgetauscht werden, entwickelt sich der Mensch weiter. Drum fragt sich der König, wer die dämliche Mauer gebaut hat.



Von der Grafik ist das Buch klasse aufgebaut. Quietschbunte Tupfen mit witzigen Gesichtern stehen für die Menschen. Grundfarben und Mischfarben, die bereits eine Vermischung andeuten. Eine Parabel, die zu allerlei Diskussion anregt. Ein Bilderbuch, das nicht viel Worte benötigt, um die Message deutlich zu machen. Klasse Idee. Ein wirklich gutes Bilderbuch!

Giancarlo Macrì ist Schauspieler und Musiker. Er ist einer der Gründer von Banda Osiris, eines Ensembles aus Schauspielern, Musikern und Komponisten, das bekannt ist durch Theater, TV und Radio und mehrfach für seine Kino-Soundtracks ausgezeichnet wurde. Er hat bereits mehrere Kinderbücher veröffentlicht, darunter »Puntino« mit Carolina Zanotti.
Carolina Zanotti ist eine Journalistin mit dem Schwerpunkt Musik und Theater. Ihre Leidenschaft ist die bildende Kunst. Sie hat bereits mehrere Bücher für Kinder geschrieben.
Mauro Sacco arbeitet seit 1997 als freiberuflicher Illustrator. Seit Jahren widmet er sich dem Studium und der Lehre der Kalligraphie. Ausserdem unterrichtet er am IED (Istituto Europeo di Design) Turin.
Elisa Vallarino arbeitet seit 1997 als freiberufliche Illustratorin. Seit Jahren widmet sie sich dem Studium und der Lehre der Kalligraphie. Ausserdem unterrichtet sie am IED (Istituto Europeo di Design) Turin.


Giancarlo Macrì, Carolina Zanotti, Mauro Sacco und Elisa Vallarino
Die Mauer: Eine Parabel 
Original: Il Muro
Aus dem Italienischen übersetzt von TextDoc Kiesel
360Grad Verlag, gebundenes Buch – 2019

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