Rezension
von Sabine Ibing
Aristophania - Das Reich Azur
von Xavier Dorison und Joël Parnotte
Es war einmal… (Beginnt die Geschichte)
© Splitterverlag |
doch märchenhaft ist diese Szenerie so gar nicht. Die Geschichte führt uns ziemlich real nach Frankreich, Marseille, um 1900, harte Arbeit im Stahlwerk. Als Clément erschöpft auf dem Heimweg ist, spricht ihn eine ältere, feine Dame an, Aristophania. Er schimpft mit ihr, weil sie mit ihm Kontakt aufgenommen hat, auch noch in der Öffentlichkeit, am hellen Tag. Doch sie meint, der dunkle Hof sei bereits hinter ihm her, er sei aufgeflogen. Er müsse Azur verlassen und sich zurück ins zweite Reich begeben. Clément erwidert, er sei aber dicht dran, Morgenrot-Quelle zu finden, er kann jetzt nicht aufgeben. Er kann die Stadt nicht verlassen, er habe nun Frau und Kinder. In diesem Moment steht ein riesiger Mann mitten auf der Straße. Das Auto, in dem Clément und Aristophania sitzen, fliegt durch die Luft. Im anschließenden Kampf wird Clément getötet.
Aristophania, sucht nun Adèle, die Ehefrau von Clément auf und ihre Kinder Basile, Calixte und Victor, rät ihnen, Marseille unverzüglich zu verlassen und erklärt ihnen, dass sie Clément viel verdanke und sie nun seine Familie retten müsse. Doch Adèle will ihr nicht folgen. Aristophania schenkt Basile einen Würfel, mit dem er die sie rufen kann, sollten sie jemals Hilfe benötigen. Adèle verlässt Marseille mit den Kindern und zieht mit ihnen in die Provence. Jahre später: Schon zuvor lebte die Familie in armen Verhältnissen, aber nun in Gennevilliers, an der Seine nahe Paris, fristen sie ein heruntergekommenes Dasein, trotz harter Arbeit. Basile geht bereits arbeiten, er ist ein Heißsporn. Die Arbeitsbedingungen sind miserabel, und als ein Mann stirbt, rufen die Arbeiter zum Streik auf. Staatsbüttel zerstören die Deiche, die die illegale Siedlung der Arbeiter vor dem Hochwasser schützt, und es kommt zu einer Prügelei. Adèle wird dabei verhaftet. Die Kinder werden bedroht und Basile schmeißt nun den Würfel.
Aristophania erscheint und nimmt Basile, Victor und Calixte mit nach Azur, bis ihre Mutter aus dem Gefängnis kommt. Sie wohnen in einem hübschen Chalet, im Clos de Soubeyrac. Und sie bekommen den grimmigen Monsieur Cayenne an die Seite gestellt, der für sie sorgen soll. Die Kinder dürfen das Gelände auf keinen Fall verlassen, mahnt Aristophania. Der impulsive, aufmüpfige Basil traut niemandem und schon gar nicht dem unsympathischen Cayenne und der zuckersüßen Aristophania, die gleich wieder verschwindet. Warum dürfen sie das Grundstück nicht verlassen? Er hetzt die Geschwister auf und erinnert an Hänsel und Gretel …
Joël Parnotte zeichnet im klassischen europäischen Comicstyle, geht tief in die Situationen und Figuren hinein. Bei der Farbgestaltung trifft er Emotionen und Atmosphäre. Die Geschichte ist spannend und emotionsgeladen. Neben dem klassischen Fantasythema, dunkle Macht gegen die Helle, zieht sich hier sozialkritisch die Ausbeutung der Arbeiter um 1900 als Nebenthema durch das Buch. Bei dieser Graphic Novel handelt es sich um den Auftakt zu einer 4-teiligen Reihe. Ein Allage-Comic, ich denke, ab 13 Jahren geeignet.
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Xavier Dorison studierte eigentlich an einer Hochschule für Wirtschaft, an der er auch ein Comic-Festival organisierte. Mit dem Skript für «Das dritte Testament» (gezeichnet von Alex Alice) gelang ihm jedoch auf Anhieb ein Bestseller, sodass er in der Folge nur noch als Autor tätig war. Alles, was Xavier anfasste, gelang: «Prophet» mit Matthieu Lauffray, «Heiligtum» mit Christophe Bec, «W.E.S.T.» mit Fabien Nury und Christian Rossi und nicht zuletzt «Undertaker» mit Ralph Meyer, sein bisher größter Erfolg. Dabei wechselt er scheinbar mühelos zwischen den Genres und Stilen, sodass ihm inzwischen sogar die legendäre Serie «Thorgal» anvertraut wurde.
Joël Parnotte wurde 1973 geboren. Er studierte an der Versailles School of Fine Arts, bevor er dem Comic-Lehrplan in Angoulême folgte. Er veröffentlichte insbesondere «Hong Kong Triad» im Le Téméraire Publishing in Zusammenarbeit mit dem Autor Vincent Mallié und Delphine Rieu als Colorist. Als Nächstes publizierte er mit denselben Mitarbeitern, aber einem anderen Verlag (Soleil), die fünfbändige Serie «Les Aquanautes». Er blieb bei Soleil und produzierte dann den «One-Shot Un Pas vers les Étoiles» mit einem Drehbuch von Jérôme Félix und wurde später vom Autor Balac ausgewählt, der, nachdem er von seinem Kunstwerk in «Les Aquanautes» begeistert war, vorschlug, zusammenzuarbeiten. So begann das Epos «Le Sang des Porphyre» (Dargaud, 2008), der schließlich fünf Bände umfasste, der letzte erschien 2013. Im Jahr 2015 illustrierte Joël gemeinsam mit dem Schriftsteller Xavier Dorison das actiongeladene Drama «The Sword Master» aus dem 15. Jahrhundert
Aristophania - Das Reich Azur
Originaltitel: Aristophania – Le Royaume D’Azur
Reihe: Aristophania (Band 1 von 4)
Übersetzt aus dem Französischen von Tanja Krämling
Comic, Graphic Novel, Fantasie
Gebunden, 64 Seiten
Splitter Verlag, 2020
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