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Ariadnes Faden von Jan Bajtlik - Rezension

Rezension

von Sabine Ibing



Ariadnes Faden 

von Jan Bajtlik

Götter – Sagen – Labyrinthe 


Nach der griechischen Mythologie schenkte Prinzessin Ariadne, Tochter des kretischen Königs Minos, Theseus einen Faden, der ihm auf dem Weg durch das Labyrinth wieder nach Hause führen sollte. Nachdem Theseus den Minotaurus getötet hatte, konnte er entlang des Fadens den Weg aus dem Labyrinth herausfinden. Ähnliches kennen wir aus der Geschichte von Hänsel und Gretel. Das Prinzip wird noch heute bei Höhlenforschern und bei der Feuerwehr angewandt.



Und dieses Buch ist unser Ariadnefaden durch die griechische Mythologie. Das Buch ist labyrinthartig aufgebaut. Götter, Heroen, fantastische Geschöpfe, Herakles und die Argonauten, der Minotaurus, die Zyklopen, Sisyphos, Odysseus, die schöne Helena und der Koloss von Rhodos treten auf; jede Menge Abenteuer, die sie zu bestehen haben.  Christen, Juden und Moslems haben einen einzigen Gott, und der ist unfehlbar, ein einsames Wesen. Die Griechen und Römer hatten eine Anzahl von Göttern, die sich letztendlich wie die dummen Menschen benahmen. Das macht sie auf der einen Seite sehr sympathisch und auf der anderen Seite eben nicht göttlich unter unserer heutigen Vorstellung. Streit, Geheimnisse, Eifersucht, Lügen, Linkereien und Krieg waren an der Tagesordnung. Die Götter vermehrten sich untereinander und hin und wieder sogar mit den Menschen; aus Letzterem entstanden Halbgötter. Die Geschichten um all diese Intrigen, Liebschaften, Dramen, Abenteuer sind unvergesslich, werden bis heute immer wieder neu erzählt. Dieses Buch gibt einen spielerischen Überblick über die griechische Mythologie.




Gaia (die Erde) und Uranus (der Himmel) sind die Gottmutter und Gottvater. Sie bekamen Kinder: die Titanen (Riesen), die 100-armigen Riesen und die Zyklopen. Uranus allerdings verbannte seine Kinder in den Tartarus, in die Unterwelt, aus Angst vor ihrer Macht. Nur Kronos ließ sich das nicht gefallen, stellte sich gegen den Vater, tötete ihn, wurde Herrscher der Welt. Und weil er selbst nie besiegt werden wollte, verspeiste er seine Kinder direkt nach ihrer Geburt. Seine Frau Reha konnte ein Kind vor ihm retten: Zeus. Der verabreichte später seinem Vater ein Brechmittel, sodass er die zuletzt verschlungenen Kinder wieder erbrach: Poseidon, Hades, Hera, Demeter und Hestia. So begann der Krieg der Götter. Kronos kämpfte mit den Titanen, den Zyklopen und den 100-armigen Riesen gegen Zeus. Am Ende siegte Zeus, verbannte Kronos in den Tartarus und wurde der höchste Gott. Von nun an lebten die Götter auf dem Olymp. Die Titanen versuchten den Olymp zu kapern, sie konnten nur von Göttern und Menschen gemeinsam besiegt werden … So folgen noch einige spannende Göttergeschichten.



Zu Beginn des Buchs wird erklärt, wie man es benutzt. Jedes Labyrinth hat einen Eingang und einen Ausgang: folge dem Faden und erfahre etwas … Oben links befindet sich der Titel zum Labyrinth und ein Verweis zur Erklärung: Erste Geschichte: Prometheus und die Menschen, siehe Seite 56. Man kann zuerst auf den Verweis gehen. Hier ist wirklich kurz und verständlich die Geschichte erklärt, die dahintersteht. So kann man der Zeichnung im Labyrinth gut folgen. Der Sohn eines Titanen erschuf aus dem Ton und Tränen den Menschen, Athene hauchte dem Geschöpf mit ihrem Atem den Verstand ein. Prometheus hinterging später Zeus, der als Strafe den Menschen das Feuer verbot. Prometheus klaute ein wenig Feuer vom Riesenfenchel des Sonnenwages, gab es den Menschen, brachte ihnen Fertigkeiten bei. Der wütende Zeus schuf nun die Pandora, die mit ihrer Büchse die Übel über die Menschheit brachte. Zeus lies Prometheus über einem Abgrund an den Kaukasus schmieden, und täglich riss ihm ein Adler ein Stück Leber heraus, das sich immer wieder erneuerte. Dreißigtausend Jahre musste er warten, bis Herakles ihn befreite. Jede Geschichte wird gezeichnet, verwoben im Labyrinth mit kleinen Anmerkungen.



Heutiger Gebrauch: Titan – jemand, der außergewöhnliches geleistet hat. Gigant – jemand, der beeindruckend und leistungsfähig ist.

Eine schöne Art, Kinder an den Aufbau der griechischen Mythologie heranzuführen. Spielerisch durch das Labyrinth wandern, kurze Infos, hinten komprimiert verständlich die Geschichte, die dahintersteckt. Hinten finden wir auch den Stammbaum der Götter. Der Palast von Knossos, der Minotaurus, der trojanische Krieg, die Heimkehr des Odysseus, die Jagd nach dem Goldenen Vlies, die Geschichten von Sisyphus und Ödipus, es gibt eine Menge zu entdecken. Mir hat das Buch gefallen, es regt an, sich weiter mit der griechischen Mythologie zu beschäftigen. Denn letztendlich gibt es einige dieser Geschichten, die in unserer Kultur weiterleben, z.B. Sisyphus und Ödipus, viele unserer Sprichwörter lassen sich ableiten: Die Büchse der Pandora öffnen, den Stall des Augias ausmisten usw. Auch dazu gibt es Hinweise in diesem Buch. Der Moritz Verlag schlägt ein Lesealter von 8 – 10 Jahren vor. Mir persönlich ist es in der Komplexität eine wenig tief angesetzt, ich würde 10 -12 Jahre vorschlagen – und sicher ist das alles in diesem Fall vom Kind abhängig. Eine gute Idee, sich mit dem Thema zu befassen, falls ein Griechenland- oder Türkeiurlaub gerade anstand / demnächst ansteht. Letztendlich ist es immer wieder wichtig, sich mit alten Kulturen - auch mit fremden Kulturen – zu befassen. Der Mensch ist, was er ist, gewachsen aus seiner Geschichte, aus seiner Kultur heraus. Wenn wir andere verstehen wollen, uns selbst, müssen wir uns mit Mythologien und Geschichte befassen.


Jan Bajtlik, geboren 1989 in Warschau, studierte dort Grafikdesign. Er veröffentlicht Bücher für Kinder, erfindet Schriften und bietet Typographie-Workshops für Kinder an. Für ein typographisches Mitmachbuch zeichnete ihn die Bologna-Messe 2015 aus. Er illustriert für das Time Magazine und die New York Times und arbeitet für das Modehaus Hermès.



Übrigens, die Abenteuer und Irrfahrten des Odysseus kann man sich Kinderhörspiele beim WDR gratis downloaden: noch bis 22.02.2020 

Kinderhörspiele Odysseus

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